laut.de-Kritik
Große Fußstapfen im Wüstensand.
Review von Kai ButterweckGiant Sand-Chef Howe Gelb beschreibt sein neuestes Studio-Überraschungsei "Heartbreak Pass" wie folgt: "Fünfzehn Songs, aufgeteilt in drei Kapitel, repräsentieren ein dreißig Jahre währendes Doppelleben", so der Tausendsassa aus Tucson in Arizona.
Was bei Neuankömmlingen und Quereinsteigern für rauchende Köpfe sorgt, lässt eingefleischte Fans des Amerikaners jedoch völlig unberührt. Howe Gelb macht schließlich schon seit drei Dekaden, was er will. Das weiß der innere Zirkel nur zu gut. Deswegen lieben sie ihn auch, diesen Kerl, der keine Gedanken an irgendwelche Hypes verschwendet. Howe Gelb vertraut lieber auf sein Innerstes. Das riet ihm auch diesmal wieder, die Dinge einfach laufen zu lassen.
So teilt sich das von Howe Gelb selbst produzierte Album, das mit einigen bemerkenswerten Gastauftritten aufwartet (Jason Lytle, Steve Shelley, Maggie Björklund), in drei Blöcke, die so ziemlich alles unter einen Hut bringen, das Howe Gelb in den vergangenen dreißig Jahren unters Volk gestreut hat.
Angefangen bei noisigem Alternative-Americana über reduzierte Lagerfeuer-Kost bis hin zu in Indie-Gewänder gehüllten Schnodder-Pop zieht der charismatische Frontmann musikalisch Bilanz. Davon bleibt Einiges hängen. Der Song "Texting Feist" beispielsweise, ein kratziges "Satisfaction"-Schwesterchen, das vom ersten Akkord an zum Mitwippen animiert.
Auf dem anschließenden "Hurtin' Habit" legen Howe Gelb und sein neunköpfiges Gefolge sogar noch einen Zahn zu. Neben charmant holpernden Drums begeistern hier vor allem crunchige Powerchords und Howe Gelbs signifikantes Organ. "I hurt myself, is all i do." Die Wüste schmerzt. Howe Gelb fühlt sich trotzdem wohl, und auch seine Begleiter hüpfen lächelnd durchs Studio, wenn sich der Altmeister im Calexico-Shirt über alte Lou Reed-Vinyl-Schätze hermacht.
Gelbs originelle Symbiose aus staubigem Desert-Americana, Indie-Rock und zeitloser Singer/Songwriter-Kost aus der Garage hinterließ schon immer große Fußstapfen. Anno 2015 setzt er sich aber die Krone auf. Wenn der Sänger zusammen mit Ilse Delange gen Sonnenuntergang reitet ("Man On A String"), will man applaudierend am staubigen Wegesrand Spalier stehen. Auch das mit Piano-Klängen und Streichern verfeinerte "Gypsy Candle" berührt zutiefst. Den ultimativen Höhepunkt hebt sich Howe Gelb aber für den Schluss auf. Gemeinsam mit seiner Frau Talula hält er auf dem Handy die große Liebe fest ("Forever And Always"). Herzzerreißend. "Let's do this forever…" Sehr gerne.
1 Kommentar
Das solideste GS-Album seit Jahren.