laut.de-Kritik
Professionell. Doch wo bleibt der Gänsehaut-Effekt?
Review von Eberhard DoblerEs mag zweitrangig sein, aber was soll man bei solchen Booklet-Fotos denken? Cooles Posing geht jedenfalls anders. Die Guano Apes verharren lieber in der Konsens-Ecke nach dem Motto 'Wir nehmen uns nicht so ernst'. Eigentlich löblich, kommt aber viel zu bemüht rüber. Dennoch gilt: Entwarnung. Das dritte Album "Walking On A Thin Line" (auch als streng limitiertes Digipak erhältlich) hält dem Erwartungsdruck stand: harte, melodiöse Alternative Rock-Songs zum Teil mit Crossover-Moshfaktor. Im Ohr hängen bleibt trotzdem wenig.
Musikalisch hat der Longplayer durchaus gute Momente. So zeigt "Diokhan" rhythmisch anspruchsvolle Gitarren- und Groovearbeit. "Quietly", der beste Song des Albums, rollt angenehm düster. Stücke wie "You Can't Stop Me", "Dick", "High", "Scratch The Pitch", "Storm" oder "Sugar Skin" klingen aber so unglaublich up to date wie Sandra Nasic' Thrasher-Shirt auf dem Single-Cover. Handwerklich ist alles im grünen Bereich. Nasic überzeugt als Sängerin ("Kiss The Dawn"), Dennis Poschwatta hat seine Sticks fest im Griff, während Stefan Ude (b) und Henning Rümenapp (git) im harten Gitarren-Zirkus locker mithalten können. Professionell. Ohne Frage.
Aber wo bleiben die gerade im Alternative- oder Nu Metal-Bereich so wichtigen höllischen Chords, fiesen Melodien oder durchschlagenden Refrains, die eine Band von der Masse abheben? Wie soll der so oft bemühte Gänsehaut-Effekt entstehen? Die Ingredienzen des Guano Apes-Sound klingen dafür zu stark nach Standard. Das ist legitim, sogar notwendig - alles war schließlich schon mal da. Kann aber nur funktionieren, wenn Altbewährtes in ein eigenständiges Sound-Gerüst einfließt. Letzteres bleibt bei den Göttingern nach wie vor schwerlich auszumachen. Wem allerdings der reine Mosh-Effekt genügt, den bedienen sie optimal - die Top Five-Platzierung ist beschlossene Sache.
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