laut.de-Kritik

Boyband-Superstar Harald beschwört die 1970er.

Review von

Die Boybandjugend von heute, was die sich alles erlaubt. Zum Beispiel überraschend gute Platten aufnehmen. Denkt man mal den Namen seiner Hauptband beiseite, kommt One-Direction-Mädchenherzenräuber Harry Styles mit einem ganz schön schlüssigen Debütalbum daher.

Wir treffen ihn im Flur. Er kommt gerade aus dem Schlafzimmer, singt er – und fragt uns, ob wir vielleicht noch ein wenig Morphium übrig haben. Jetzt nicht gleich mal übertreiben mit der Rockstar-Metamorphose, Harald. Hat sich Harry wohl von ein paar Koryphäen der 1970er Jahre abgeschaut – wie vieles auf diesem Album. Denn während seine 1-D-Kollegen auf ihren Solo-Versuchen gerne Pfade von Edel-R&B oder EDM beschreiten, hat er nämlich Lust auf große Akustikballaden aus der Zeit, als Charles Manson einen Beatles-Titel ein wenig zu ernst nahm und damit den Summer of Love ruinierte.

Der Opener "Meet Me In The Hallway" kommt mit psychedelischem Sonnenstich daher und entpuppt sich gleich als toller Song. Bei "Sign Of The Times" erinnert Harald an Bowie und zeigt, dass er Reibeisen-Schmachten gleich wie Falsetto aus dem FF kann.

Styles gibt den Rockstar-Troubadour der alten Zunft – und auch wenn er natürlich nicht an die Übergröße des von ihm Heraufbeschworenen herankommt, macht er dabei eine gute Figur. Eine ziemlich gute sogar, stimmlich vor allem.

Am Besten funktioniert das bei den Balladen. "Sweet Creature" beispielsweise, das sich bei McCartneys "Blackbird" bedient, aber wie. Oder bei "From The Dining Table", das auch als solide Ryan-Adams-Nummer durchgehen würde.

Die Inspiratoren: Pink Floyd, Beatles, Stones, Fleetwood Mac, auch Harry Nilsson hat er viel gehört. All diese Geister ruft Styles auf seinem Solo-Debüt und klingt dabei herrlich anachronistisch. Natürlich, Styles hat das nötige Kleingeld und Standing, sich die musikalische Retro-Edelreise von Könnern auf den Leib schneidern zu lassen. Man kommt dennoch nicht um den Eindruck herum, dass von ihm in Zukunft noch einiges ziemlich Gutes kommen könnte.

Trackliste

  1. 1. Meet Me in the Hallway
  2. 2. Sign of the Times
  3. 3. Carolina
  4. 4. Two Ghosts
  5. 5. Sweet Creature
  6. 6. Only Angel
  7. 7. Kiwi
  8. 8. Ever Since New York
  9. 9. Woman
  10. 10. From the Dining Table

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3 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 7 Jahren

    erstaunt mich schon ein bisschen, dass die one direction kiddies eigentlich echt passable musiker sind.
    habe mir das album von zayn und das hier aus interesse angehört und muss sagen, dass es solide popalben sind

  • Vor 7 Jahren

    Das ist aber kein Pop in dem SInn was Harry macht, Das ist schon sehr von Rockelementen beeinflusst. Bei KIWI ist es schon ein klassischer Rocksong.

  • Vor 3 Jahren

    von könnern auf den leib schneidern zu lassen klingt danach, als hätte er irgendwelche für ihn produzierten und geschriebenen songs zusammengesucht und nicht, als hätte er (wie tatsächlich der fall) die songs SELBST geschrieben ... natürlich nicht alleine, aber mit einer engen truppe von kollaborateuren, nicht irgendwelchen auftragsschreibern. entweder ist es nun unwissenheit des rezensenten oder eine unterstellung, aber faktisch ist es falsch. und klar hat er das nötige kleingeld, WESHALB er ja eben machen kann und möchte was IHM selbst gefällt musikalisch ... sich also inspirieren zu lassen von den musikgrößen, die er selbst gerne hört - zum beispiel stevie nicks, mit der er ja befreundet und auch schon öfters zusammen aufgetreten ist. das alles natürlich mit seiner eigenen note. diese ist unter anderem dann auch, sich nicht festzulegen - tatsächlich einer der gründe warum mir seine musik gefällt: es wird nicht langweilig. das gilt auch für seine cover, die ich JEDEM wärmstens empfehlen kann: the chain oder sledgehammer sind absolut genial. überzeugt euch selbst!