laut.de-Kritik
Lounge-Metal-Coverversionen als Protest-Songs.
Review von Kerstin KratochwillMitte der 90er Jahre schwappte eine kuriose Welle über die Pop-Musik, bei der Rock-Klassiker im leichten Gewand und mit ironischem Anstrich gecovert wurde: Das Ganze nannte sich Easy Listening oder Lounge. Bands wie The Mike Flower Pops, die den Oasis-Hit "Wonderwall" in Watte packten, Richard Cheese And Lounge Against The Machine, die die Anspielung an Rage Against The Machine schon im Namen trugen sowie das leicht cheesy-hafte des Sounds oder Señor Coconut, der nicht nur den Robotern von Kraftwerk das Samba-Tanzen beibrachte, sondern auch Hardrock-Evergreens wie "Smoke On The Water" in diesem leichten Stil neu interpretierte.
Bis ins neue Jahrtausend reichte die Welle hinein, da schwamm die schwedische Band Hellsongs erfolgreich mit, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Heavy Metal-Hits in einer beschwingten, fröhlichen Weise zu covern. Nun, 20 Jahre später, sind sie mit diesem Konzept zurück und verkünden dies auch auf dem Albumtitel "Return Of The Hellsingers". Eine Rückkehr, die auch dem gesellschaftlichen und politischen Zustand Europas geschuldet ist, wie sie selbst sagen: Durch die Länder weht ein kalter Hauch, geprägt von Nationalismus und Egoismus – die Jugend driftet ebenfalls immer mehr nach rechts.
Hellsongs erinnern mit diesem Album an Musik, die den Widerstand gefeiert hat: Just because you got the power, heißt eben nicht, dass man auch im Recht ist und genau mit diesem Motörhead-Song beginnen sie ihren Cover-Reigen, dem unter anderem Versionen von Refused, Rage Against The Machine, AC/DC oder Green Day folgen. Zusätzlich zu den Cover-Songs gibt es noch vier eigene Lieder, die sich alle um das Kernthema drehen. In das Easy-Listening hat sich mittlerweile mehr Wut eingeschlichen, in die Akustik-Arrangements mehr Wucht dank vollerer Instrumentierung, Vocals und Drums und in den Stil mehr folkige bis folk-rockige Elemente.
Die große Kunst des Coverns liegt darin, dem Original eine neue Bedeutung oder Akzentuierung zu verleihen, schließlich soll es kein Karaoke-Spiel sein. Bei Hellsongs liegt der Reiz ihrer Interpretationen darin, dass sie den Melodien der Ursprungsongs gerade in der musikalischen 'Verniedlichung' mehr Schärfe verleihen und zum Beispiel die Lyrics mehr in den Vordergrund gestellt werden. Aber auch in den Songstrukturen können sie so die subtilen Schönheiten der Rock-Originale herausarbeiten und so Motörheads "Just Because You Got The Power" in eine Nile-Rogers-stilisierte Disco-Party verwandeln, während sie gleichzeitig die Kernwerte und die Kraft des Songs bewahren. Dem Zorn der Hymne "Killing In The Name" stellen sie hingegen eine starke Stille mit Piano als Protest entgegen, die die Kernzeile "fuck you, we won’t do what you tell us" genauso stark strahlen lässt. Der Gegensatz zwischen trotzigen Texten und lieblichem Sound wirkt noch immer – eine Rückkehr der Hellsinger mit ihrem Trademark Lounge-Metal aber minus Ironie.
2 Kommentare
Das Metalsongs-durch-den-Singer/Songwriter-Wolf-Drehen ringt einem vielleicht ein, zweil Male ein Schmunzeln ab, dann ist der Gag aber schon durch. Nun ja, wer's braucht...
Die Cardigans nicht zu vergessen.