laut.de-Kritik

Rammstein- und Black Sabbath-Cover mit neuer Sängerin.

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Nach dem Schlaganfall der charismatischen Siri Bergnéhr standen Hellsongs auf einmal ohne Sängerin da. Mittlerweile haben sie in My Engström Renman eine neue Leadvokalistin gefunden. Auch konzeptionell ändert sich so einiges auf "These Are Evil Times": Der Coveranteil wurde auf 50 Prozent herunter geschraubt und ihm gegenüber stehen fünf Eigenkompositionen der sympathischen Band.

Zu beiden mutigen Schritten kann man ihnen nur gratulieren. Der Übergang von einer Chanteuse zur anderen gelingt ebenso bruchlos wie das Einfügen eigener Lieder. Zwar ist noch nicht alles Dargebotene reines Gold. Aber der Edelmetallanteil überwiegt deutlich und lässt - Stabilität im Lineup vorausgesetzt - erahnen, zu welchen Geniestreichen die Skandinavier künftig fähig sein könnten.

Ausgerechnet mit dem ersten Drittel des Albums präsentiert sich die Band von ihrer schwächeren Seite. "Iron Man" von Black Sabbath, die gerade weltweite Triumphe mit ihrem Schwanengesangs-Comeback "13" feierten, funktioniert höchstens als leidlich origineller Treppenwitz. Nicht etwa weil Hellsongs das Doomgestein zu sommerlichem Pop wandeln, sondern weil das musikalische Hauptthema zum unkenntlichen Spurenelement verkommt.

"A Silence So Loud" ist eine zu perfekte Nachahmung des Beatles-Geistes und frühem Alan Parsons à la "Cask Of Amontillado" mit ein wenig Burt Bacharach. Nett zu hören aber kaum originell. Und Rammsteins "Engel" bürsten sie zwar schön gegen den rrrrrrollenden Strrrrrich, vergessen darüber aber analog zum Opener: Bei ohnehin extrem eingängigen Originalen ist ein Mindestmaß an Wiedererkennbarkeit Voraussetzung einer gelungenen Interpretation.

Zum Glück gerät der Rest der Platte deutlich stärker. Am ausdrucksvollsten sind Hellsongs ohnehin, so ihre nordische Schwermut Überhand nimmt und wildes Geknüppel zu spärlich instrumentierten Tränenziehern mutiert. "Cold" von "At The Gates" glänzt mit desillusionierter Verzweiflung, gewandet in einen Hauch Romantik. "I feel my soul grow cold / Only the dead are smiling."

Das selbst verfasste, raffiniert arrangierte Stück "Animal Army" glänzt hernach mit Zivilisationskritik ohne die melancholische Grundstimmung aufzugeben. Finale des grandiosen Mittelteils ist die Exhumierung des "Eyemaster" von seiner Mutterband Entombed. Ein echter Augenmeister, dessen messianische Sinnlichkeit Hellsongs mit der Dreingabe einer sanften E-Gitarre zu den Pianoakkorden krönen. Die beiden folgenden Höllenlieder "Equality" und "Oh, Rosseau!" bieten leichtere Muse, stören das Gesamtgefüge aber nicht.

Zum Ende des Albums drehen sie dann noch einmal so richtig auf. Dios "Stand Up And Shout" bricht aus dem meist eher verhaltenen Konzept aus und steigert sich spannend von folkender Ballade zum rockenden Stampfer mit tollem Solo. Der letzte und wieder eigene Track "Music Took My Life" bildet den würdigen Abschluss. Kalle Karlsson übernimmt die Leadvocals und lässt die Band als Chor einen Song umrahmen, der geschickt zwischen in sich ruhender Gelassenheit und echter Sehnsucht pendelt.

Trackliste

  1. 1. Iron Man
  2. 2. A Silence So Loud
  3. 3. Engel
  4. 4. Cold
  5. 5. Animal Army
  6. 6. Eyemaster
  7. 7. Equality
  8. 8. Oh, Rosseau!
  9. 9. Stand Up And Shout
  10. 10. Music Took My Life

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