laut.de-Kritik
Musik zum gemeinsamen Auskotzen.
Review von Ulf KubankePage Hamilton hat die Schnauze gestrichen voll. Er hasst die Verrohung der Welt im Allgemeinen, die seines Landes im Speziellen. Überall Waffen, Gewalt, Mord, Verflachung, Aufkündigung jeglichen Diskurses und Niedergang der politischen Klasse. Die Zustände sind nicht schön für die Welt, aber gut für Helmet. Nach dem Totalausfall "Seeing Eye Dog" präsentiert sich die Band mit dem brandneuen "Dead To The World" endlich wieder in guter Form.
Die Songs bieten erfrischende Lust an Kontrasten. Rifforgien treffen auf schmirgelndes Schaben. Wütend gedehnter Rotzgesang wechselt mit harmonischen Vocals. So transportiert er stimmig Sarkasmus, analysiert den Status Quo und wettert mit Leidenschaft gegen allen ethischen Niedergang.
Endlich darf man wieder gemeinsam mit Hamilton angepisst sein, statt über ihn. Das macht Laune, selbst wenn nicht jeder Track die totale Offenbarung birgt. Ein paar Nummern, die jedes alternative-rockende Fanherz höher schlagen lassen, hat er allemal auf der Pfanne.
"Expect The World" bietet tollen Wechselbalg-Gitarrensound zu ebensolchem Gesang. Das so langsame wie heftige "Drunk In The Afternoon" klingt für Pages Verhältnisse fast schon Iommi-esk doomy, und das treibende "I Love My Guru" schreit geradezu nach sich gemeinsam auskotzender Live-Performance.
Als Anspieltipp kristallisiert sich "Life Or Death" heraus. Das Lied erscheint gleich in zwei Versionen. Als Opener stürzt es energetisch ins wilde Treiben. Im gedimmten Finale schaltet es einen Gang herunter und bohrt sich unerbittlich langsam als Finger in die offene Wunde "menschliche Gesellschaft". Weiterhören mit den Helmet-Glanzlichtern "Meantmime" und "Betty" sowie der tollen Hamilton/Caspar Brötzmann-Kollabo "Zulutime".
4 Kommentare mit 13 Antworten
Nach der "Meantime" (eines Meilensteins mehr als würdig) und der sehr guten "Betty" ist diese Scheibe eine absolute Zumutung.
verstehe ich.
aber deutlich besser als der "seeing eye dog"-fehlgriff. "meantime" als meilenstein fände ich auch würdig.
Dieser Kommentar wurde vor 8 Jahren durch den Autor entfernt.
habe bisher nur die ersten 3 songs des neuen albums gehört,und basierend auf diesem wissen find den begriff "zumutung" dann doch reichlich theatralisch (auch wenn er im kontext mit "meantime" steht).es sei denn natürlich, es kippt danach komplett, mag ja sein.
würde dem bisher gehörten auch so 3 zähler geben,ganz ok eben, wirklich brauchen tu ich es aber nicht.
Ich bleibe dabei, mit den alten Helmet hat dieses Album für mich nichts mehr zu tun (deshalb für mich eine "Zumutung"). Und nein, ich wünsche mir kein 2. Meantime, eine Band darf sich gerne weiterentwickeln. Aber in welche Richtung? Ich finde das Album musikalisch, und oft auch gesanglich, anstrengend. Ich empfinde es auch als jazzlastiger als die beiden erstgenannten Klassiker, was der Eingängigkeit des Materials nicht unbedingt zugute kommt.
Bin auch nur bis zum 4. Lied gekommen.
Natürlich hören sich "Meantime" und "Betty" anders an. Aber man kann doch nicht nach 20 Jahren dasselbe Album nochmals aufnehmen.
Ich habe die Scheibe jetzt bereits einige Male gehört. Ich finde sie sehr abwechslungsreich und gut produziert. Und da sind wirklich viele super raffinierte Lieder dabei.
Ich bin wirklich sehr positiv überrascht.
Hab nochmal viel helmet gehört die letzten Wochen vorm neuen Album und muss sagen, das ist bei mir ähnlich wie mit dem DEP seit dem Abgang von Chris Pennie.
"helmet" - Das sind für mich Hamilton, Bogdan und (VOR ALLEM) Stanier (siehe auch seine Arbeiten mit "Battles" letztes Jahrzehnt...). Klar, bei helmet denkt jeder erst mal an Mastermind Hamilton und ich halte ihn auch für einen der inspirierendsten Songwriter im Bereich Alternative Rock (siehe die oft dem Jazz entlehnte Harmonik und Rhythmik seiner Songs) und inzwischen auch ein ordentlicher Producer, aber mE hat nur Stanier diese Ideen so genial umgesetzt und so trocken und offensichtlich unangestrengt auf den Punkt gespielt (aber halt from the heart...).
Die helmet-Drummer danach mögen "technisch besser" oder vielfältiger spielen als Stanier - und doch, helmet bleiben eben nur von Meantime bis Aftertaste wirklich unantastbar, imo.
Quasi eine der Hauptzutaten für die Ursuppe, aus der NuMetal geköchelt wurde, ohne je selbst NuMetal gewesen zu sein. Noch dazu einer der Hauptgründe für mich Anfang der 90er, um von einem klassischen zu einem Rockbandinstrument zu wechseln.
Gehe nach 19 Jahren ohne taugliches helmet-Album (und ohne Stanier im Lineup) dennoch sehr vorsichtig an diese Kiste, Albenerwerb bleibt bei mir vorm WE zumindest fraglich.
vllt bei meinen sonstigen hörgewohnheiten etwas seltsam, aber ich kenn von denen wirklich gar nix. gibts da alben, die man auch heute noch guten gewissens hören könnte/sollte?
highlights wurden mit meantime und betty halt schon genannt.kannst ja mal reinhoeren und berichten, wieviel davon dem zeitgeist geschuldet ist.
Jop, Meantime und betty.
Ich find die aftertaste auch nicht mehr durchgängig herausragend, hat aber in vielen Stücken noch diesen einzigartigen Drum-Vibe von John Stanier.
Produktion von Meantime und betty ist für einige jüngere Ohren scheinbar etwas gewöhnungsbedürftig und nach heutigen Standards evtl mit Betonung auf "dürftig", aber gerade das rohe, knarzige Meantime untersetzt Hamiltons Texte mit einer stimmigen Atmosphäre.
ok, meantime is ja wirklich n ziemlich kompaktes brett
is zwar heute nicht mehr so meine mucke(vllt noch zu gewissen anlässen), aber das mit dem "vibe" kann ich nachvollziehen. danke och *megaküsschensmiley*
https://vimeo.com/30231400
das ding ist halt auch ganz gelungen.
ey leute,
"meantime"und "betty" sind gesetzt; sollte klar sein.
aber:
@soul & alle:
vergesst mir den caspar brötzmann nicht! das "caspar brötzmann massaker" war pages liveband auf der "meantime"-tour. und sie waren scheiß-weltklasse!
und das ist mehr als ne "papa seiert vom krieg"-storyline. die im text nicht umsost erwähnte "zulutime" (caspar & page) ist gold wert.
&
das caspar brötzmann massaker mit "koksofen" (anspieltipp: "wiege") & "die nacht der schaarzen folklore" sollte jedem von euch ein kleinod sein & ...gibt wenig bessere musik im deutschsprachigen bereich!
ps: kaufe ein "w"
höre lieber punk aus nyc. mmt sogar wieder alte bouncing souls alben. kann der herr von welt da mit?
als hopeless romantic, der ich nun mal bin kann ich da natürlich eine klare empfehlung aussprechen.
hab die aber danach etwas ausn augen verloren und jüngst erst mit der "simplicity" wieder entdeckt.