laut.de-Kritik
Die große Avril Lavigne-Karaokeparty!
Review von Bine JankowskiDas Showbiz-Frühchen Hilary Duff machte ihre ersten Schritte als Lizzie McGuire, das kesse Gör aus dem Hause Disney, und damit auch als Fernseh-Ikone für pubertierende Kleingeister. Damals zogen noch ihre Eltern die Fäden zum Erfolg. Nun tritt die Musikindustrie in die vorgewärmten Fußstapfen.
Imageberater, Songwriter, Produzenten - alle treten sie an, um Fräulein Hilary durch die kommerztaktisch klügste Schablone zu pressen. Ganze drei Alben schusterten die versammelten Strategen schon zusammen, nun steht die Blondine im Weihnachtsbunnykostüm vor der Tür, ihre neue CD "Most Wanted" unter die dünnen Ärmchen geklemmt.
Es überrascht nicht, dass diesmal die Glocken für eine Best Of geschlagen haben. Eine Auswahl an gut funktionierenden Songs schafft den kreativen Masterminds eine Denkpause, garantiert gerade an den Feiertagen ein Geldbaumschütteln - die drei neuen Songs wecken bei treuen Konsumenten den Appetit. So weit, so gut. Vielleicht schmiedet Frau Musikindustrie aber auch viel ausgefuchstere Pläne, als ich mir mit meinen naiven Übermut auszudenken vermag. Denn Hilary Duff klingt haargenau wie das kleine kanadische Sk8ergirl von nebenan. Zwar wurden Nietengürtel und das Ungewaschene in den Haaren chirurgisch rausgeschnipselt, dennoch liegt hier zweifelsfrei ein Mutant von Avril Lavignes "Let Go" auf meiner Tischplatte. Gruselig.
Die Single "Wake Up" richte sich an die coolen Party-People in der großen, weiten Welt. Um die Aufmerksamkeitsspanne der angesprochenen Nachtschattengewächse wissend, quietscht Hilary immer wieder ihren Weckruf ins Mikro. Die Grundthematik: Mit Fräulein Duff geht die Party rund um den Globus, "On a saturday night / could be New York / maybe Hollywood and Vine / London, Paris, maybe Tokyo / There's something going on / anywhere I go". Mit dem allzu sparsamen Beat und volumenloser Piepsestimme wird sie allerdings nicht mal einen Kindergeburtstag zum Topfschlagen bringen.
Unterfordert wäre die kindliche Feiergesellschaft wohl auch von "Beat Of My Heart". Eine geistlose Soft-Techno-Synthiepop-Untermalung mischt sich mit einem ebenso profanen Text (nach dem 41. Mal "the beat of my heart" weigere ich mich, weiter zu zählen). Wahrscheinlich sehnte sich das Blondchen nach mentaler Entspannung, nachdem ihre Synapsen schon beim Vorgänger "The Getaway" beinahe einen Kurzschluss verzeichneten: "The traffic in my brain is driving me insane". Einen klitzekleinen Lichtblick durch das finstere Popgestrüpp verschafft "Mr. James Dean". Hier stimmen mich einzig und allein die kräftigen Gitarren duldsam, es saßen also nicht nur Hornochsen im Tonstudio. Hilary gibt sich zwar Mühe, aber beim versuchten Sprung vom Singvögelchen zur Rockröhre fällt sie trotzdem voll auf den lipglossierten Mund.
Kein Wunder, denn nach dem scheinheiligen "Rock This World" bin ich überzeugt, dass Hilary Rockmusik für ein ebenso kultiges Accessoire hält wie den Chihuahua, den sie sich im Booklet an das schmalbrüstige Herz presst. Fast humoresken Anspruch beweist "So Yesterday". In meinem Kopf geistern Bilder eines hyperaktiven Produzenten umher, der dem verdutzten Disney-Schneckchen händefuchtelnd befiehlt, über "S8er Boi" zu freestylen.
Mit dieser Erheiterung und mit ein paar brauchbar eingespielten Klampfen verdient Hilary sich ein Gnadenbrot. Für die konsumtechnisch berechnende Überzüchtung, die stupiden Lyrics und ein weiteres Püppchen in imaginärer Lederkutte gibt's den "0% credibility guaranteed"-Stempel aufs Auge gedrückt!
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