laut.de-Kritik

Ein würdevolles Altern mit großen Melodien.

Review von

Wie erfüllt man als Band mit jahrzehntelanger Historie die Erwartungen der Fans, ohne sich dabei in redundanten Selbstzitaten zu verlieren? Jüngst spalteten die Queens Of The Stone Age mit ihrem poppigen Neuling die Gemüter ihrer Anhänger, während Propagandhi mit "Victory Lap" ein dickes Ausrufezeichen hinter ihre bisherige Diskographie setzten.

Hot Water Music wagen mit "Light It Up" den Spagat. Schon der Opener "Complicated" sorgt mit Chuck Ragans kehliger Stimme, die nichts von ihrer mitreißenden Emotion verloren hat, für wohlige Atmosphäre. Zusammen mit Jason Blacks Trademark-Bassspiel stellt sich schnell der Sound ein, der sich im Post-Hardcore-Bereich so nirgendwo anders finden lässt. Auch 2017 darf man dankbar sein, dass die Band trotz aller Widrigkeiten in der Zeit des Bestehens noch immer so energisch aus den Boxen drückt.

Nach dem melodischen Einstieg bitten HWM im schnörkellosen Titeltrack zum Pogo. Anderthalb Minuten auf die Fresse gehen eben immer noch und liefern das nötige Futter für alle, die mal wieder Bock auf eine Portion Old School haben. Das Aushängeschild des Vierers aus Florida bleibt aber weiterhin, dass sie diese Keule nicht auf Albumlänge schwingen. In den harmonischen Momenten wie etwa in "Never Going Back" wirken Hot Water Music wie The Gaslight Anthem mit weitaus größeren Cojones. Ragans Organ frisst sich in dem Song wundervoll durch Verse und Refrain. "If you rest, you rest, you rust / Trade sorrow in for trust". Hot Water Music blieben in den 25 Jahren Bandgeschichte von jeglicher Korrosion verschont, was sie in der ersten Albumhälfte eindrucksvoll unter Beweis stellen.

Dass sich im weiteren Verlauf der Platte die typischen Stadiongesänge vielleicht etwas zu oft unter die Hooks mischen, ist zu verschmerzen. Für sich genommen verleihen die hymnischen "Ooohs" den Songs den nötigen Hardcore-Vibe, nach "Vultures", "Bury Your Idols" und "Overload" stellt sich dann aber doch irgendwann eine mittlere Gröhl-Ermüdung ein. Trotzdem leisten sich Hot Water Music auch hier keinen Ausfall und liefern auf "Light It Up" konstant hohe Songwriterqualitäten ab.

Chuck Ragans Stimme bekommt in diesem Text viele Zeichen eingeräumt, doch nach einem herzzerreißenden Brett wie "High Class Catastrophe" muss ich es noch mal erwähnen: Dieser Mann würde aus jedem müden Lagerfeuerlied ein energiegeladenes Inferno machen. Bemerkenswert, dass er immer noch dieselbe Power in die Songs steckt, die er schon zu den Anfängen der Band losgelassen hat. Wer sich in die Explosivität von Songs wie "Freightliner" verliebt hat, den enttäuschen Hot Water Music auch 20 Jahre später nicht.

Natürlich ging der Alterungsprozess nicht an dieser Band vorbei, was sich vor allem an der hohen Dichte an Rock-Balladen wie "Take You Away" festmachen lässt. Gäbe es bei Hot Water Music je eine Midlife Crisis, dann mit großen Melodien. Anstatt verkrampft neue Wege einzuschlagen und wilde Experimente zu wagen, verlassen sich HWM auf ihr Können und schreiben ihre Geschichte nachvollziehbar fort.

Trackliste

  1. 1. Complicated
  2. 2. Light It Up
  3. 3. Show Your Face
  4. 4. Never Going Back
  5. 5. Rabbit Key
  6. 6. Sympathizer
  7. 7. Vultures
  8. 8. Bury Your Idols
  9. 9. Overload
  10. 10. High Class Catastrophe
  11. 11. Hold Out
  12. 12. Take You Away

Preisvergleich

Shop Titel Preis Porto Gesamt
Titel bei http://www.amazon.de kaufen Hot Water Music – Light It Up €7,55 €3,00 €10,55

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Hot Water Music

Gainesville, Florida ist für amerikanische Standards eine eher verschlafene College-Stadt. An der dortigen University Of Florida finden sich vier Local …

3 Kommentare

  • Vor 7 Jahren

    Bisher erst zwei Stücke vom Album gehört, und die haben nicht so wirklich gezündet. Schon ganz....nett, aber irgendwie ein bisschen kraftlos. Bisher max. 2,5-3*.

  • Vor 7 Jahren

    Ragans Stimme bekommt verdient ihren Kredit, aber schade, dass dadurch die nicht minder fantastische Stimme von Chris Wollard keine Erwähnung findet. Das war immer eine DER Stärken von HWM, dass man gleich zwei so fantastische Sänger in den eigenen Reihen hat.

  • Vor 7 Jahren

    Nachdem Ragan seine Solopfade ausgiebig beackert hat gibt es endlich wieder ne neu Platte von HWM. Ohne Frage gehen die Songs schon seit einiger Zeit direkter ins Ohr aber die Dynamik litt darunter nie. Die Jungs sind schon immer mit Herzblut dabei und kennen Ihre Wurzeln. Selten gab es Innovationen aber die braucht es auch nicht weil trotzdem jeder Treffer sitzt. verdient 5/5