laut.de-Kritik
Auch dem Briten ist die Arschküsserei fremd.
Review von Daniel Straub"Arschküsserei ist nicht mein Geschäft", diese Statement hat Queens Of The Stone Age-Sänger Josh Homme meinem Kollegen Schuh kürzlich ins Mikrofon diktiert. Auf den britischen Produzenten und DJ James Holden trifft dies wahrscheinlich genauso zu. Nur würde der es wahrscheinlich nicht ganz so deutlich aussprechen.
Hört man sich die Tracks seines neuen Albums "The Inheritors" an, bleibt einem kaum ein anderer Schluss übrig. Gleich der Opener "Rannoch Dawn" dröhnt mit atonaler Macht aus den Boxen und gibt damit die Linie für das gesamte Album vor. Wer ein klassisches Clubalbum erwartet hat, den enttäuscht "The Inheritors" mit Sicherheit.
Das ist ganz im Sinne von James Holden. "Wir sind jetzt mit unserem Label Border Community wieder dort, wo wir angefangen haben. Wir sind wieder Außenseiter, und das macht mich glücklich", sagte er kürzlich.
Die Musik, die der Brite jetzt macht, lässt sich ohne seine Erfolge seit Ende der 90er Jahre nicht erklären. Quasi über Nacht zum Trance-Superstar stilisiert worden, prägte er mit den Releases seines Labels Border Community ein eigenes Genre: Neo Trance.
Den kommerziellen Erfolg empfand Holden aber eher als Fluch denn als Segen. So setzte er schon mit seinem Debütalbum "The Idiots Are Winning" 2006 ein erstes Ausrufezeichen: IDM, Krautrock und Ambient statt Trance und Tanz. "The Inheritors" führt dieses Erbe sieben Jahre später fort, allerdings mit deutlich verstärkter Lust an klanglichen Experimenten.
"Sky Burial" schleppt sich schwer dröhnend voran, bringt die Grenze zum Industrial in greifbare Nähe. Zwischendurch nimmt Holden etwas Intensität aus seinen Tracks und spielt mit seinen melodieverliebten Releases früherer Tage, wie beispielsweise bei "Delabole".
Die wilden Kontraste, die akustische Achterbahnfahrt bleiben beim Hören von "The Inheritors" vor allen Dingen in Erinnerung. Für eine solche Erfahrung muss man aber in der passenden Stimmung sein, muss sich auf die Intensität der Tracks einlassen. Wer es lieber ein bisschen melodischer hat, ist mit dem DJ James Holden sicherlich besser dran, wie sein kürzlich für das britische Magazin Resident Advisor eingespielter Podcast zeigt.
4 Kommentare
Verdammt gutes Album. Ich war höchst überrascht, wie stark Holden experimentiert.
Sowas läuft doch hier unter special interest. Bin eher verwundert, dass das hier, wo Westbams "Götterstrasse" als eines DER Electro-Alben der ersten Jahreshälfte 2013 angepriesen wird, überhaupt wahrgenommen wird.
@soulburn (« Sowas läuft doch hier unter special interest. Bin eher verwundert, dass das hier, wo Westbams "Götterstrasse" als eines DER Electro-Alben der ersten Jahreshälfte 2013 angepriesen wird, überhaupt wahrgenommen wird. »):
Mehr Aufmerksamkeit für dieses Album!!!!