laut.de-Kritik
In Zürich bewies Jamiroquai mit seiner Deko definitiv Geschmack.
Review von Philipp SchiedelDie Atzteken sind zwar nie bis nach England gekommen, aber anscheinend hat ihre Architektur in den Reihen der Jamiroquai-Band einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Im mit ca. 14.000 Zuschauern restlos ausverkauften Züricher Hallenstadion karrte Jay Kay eine imposante Bühne auf, die an eine Treppe zu den Spitzen der Atztekentempel erinnerte. Als zweite Assoziation zur in drei Ebenen unterteilten Treppe fiel sofort die berühmt berüchtigte Orchestertreppe aus der großen Show "Melodien für Millionen" mit dem noch viel größeren Dieter Thomas Heck ein. Jamiroquai bewies mit seiner Deko also definitiv Geschmack.
Auch mit seiner obligatorischen Kopfbedeckung blieb Jay Kay dem Atzteken-Syle treu. Auf seinem Kopf thronte eine silberne Schwertkrone mit messerscharfen Spitzen, die ohne weiteres als Königskrone im Archäologischen Museum durchgehen könnte. Die Krone war dann aber schon die ganze Verkleidungsshow, die man sich gönnte. Gerade genug um aufzufallen, aber nicht zu viel Kleidergeprotze.
Leider war die Jamiroquai Liveband (die mit Drummer, Percussionist, drei Backgroundsängerinnen, Keyboarder, Gitarrist, Bassist und allerlei kleinen instrumentalischen Spielereien mächtig auffuhr) in der musikalischen Sache nicht so gut wie in ihrem ganzen Drumherum. Es ist ja bekannt, dass die Band nicht gerade mit einer großartigen Vielfalt glänzen kann und sich doch zu oft im immer gleichen Funk-Groove verhackt. Und was erwartet wurde, kam dann auch prompt. Bei mangelnder Abwechslung kann auch der fette Sound des sehr guten Mischers nichts mehr gerade biegen. Einmal Funk, immer Funk, scheint die Devise zu sein, die aber keine 90 Minuten trägt. Auch die kurzen Ausflüge in Schmusesongs, bei denen Jay Kay nur von seinem Gitarristen begleitet wurde oder auch die bombastische Performance von "Deeper Underground", das mit einem brachialen Bass durch die Halle geschleudert wurde, konnten da nicht aus der Misere helfen. Ein Songschema durch und durch, und Eintönigkeit en masse. Da hatten selbst die Atzteken wohl schon mehr Vielfältigkeit auf Lager.
Die riesige Halle gab dann ihr Übriges um das Konzerterlebnis ins Mittelmaß zu drücken. Man steht von der Bühne weit entfernt und verloren rum, will eigentlich das Konzert sehen, im Endeffekt wird der Blick dann doch von der Videoleinwand gefesselt, weil man Jay Kay und seine Mannen nur als klitzekleines Etwas auf der Bühne rumhampeln sieht und ihre Position nur durch die Lichtkegel erahnen kann. Den Atzteken ging es bei ihren überfüllten Opferfesten damals wohl nicht viel anders.
Nach der vielumjubelten Zugabe verabschiedet sich Jay Kay und verweist auf die Jamiroquai-Auftritte bei den nächstjährigen Festivals. Mit den Worten: "... see you there, bring your dope and give me some." verschwindet der König der Atzteken hinter der Bühne. Große Show für große Bühnen. Das Konzept muss nicht immer aufgehen.