Details

Mit:
Datum: 12. Oktober 2003
Location: Abart
Manessestraße 170
8045 Zürich
Website: Offizielle Homepage des Veranstaltungsorts
Alle Termine ohne Gewähr

Review

laut.de-Kritik

Aus dem Nightliner direkt auf die Bühne - mit Kräuterschnaps!

Review von Eberhard Dobler

So ändern sich die Zeiten. 1996 blickte Dave Navarro bei seinem Red Hot Chili Peppers-Intermezzo auf tausende, jubelnde Fans im Zürcher Hallenstadion. Sieben Jahre später drängt er sich unter beengten Verhältnissen - aber nicht minder bejubelt - auf einer kleinen aber feinen Bühne derselben Stadt. Nach über einem Jahrzehnt Auszeit statten Jane's Addiction, ein Nukleus der Alternative Rock-Bewegung der Neunziger, fast in Originalbesetzung dem Schweizer Club Abart einen Besuch ab und sorgten für einen ungewöhnlich intensiven Abend.

Zuvor überbrückten die sympathischen New Yorker Punkrock-Klone The Star Spangles, deren Frontmann in Intonation und Song-Phrasierung fatal an Joey Ramone erinnert, die Wartezeit auf die Rock-Avantgarde. Die ließen sich in bester Rockstar-Manier Zeit und trafen erst gut eine Stunde später ein: zur Überraschung von Kollege Schuh und mir gings vom Nightliner aus durch die schlichte Bühnentür direkt auf die Bretter der ausverkauften Mini-Location. Sänger Perry Farrell, mit entwaffnendem Charisma ausgestattet, Gitarren-Virtuose Navarro, versteckt hinter imposantem Kinn- und Backenbart, sowie Drummer Stephen Perkins mit Irokesenschnitt präsentierten sich entspannt und gutgelaunt - unterstützt vom neuen, noch zurückhaltend auftretenden Bassisten Chris Chaney (Ur-Basser Erik Avery ist mit seiner Ex-Band bekanntlich nicht im Reinen) sowie einem Tour-Keyboarder.

Navarro äußerte beim Intro zwar Unmut über den Bühnensound und Farrells Stimme ging anfangs auch tatsächlich im heavy Vibe seiner Mitstreiter unter. Doch das Quintett rockte sich aus dem Stand in beste Spielaune. Zumal Frontmann Farrell seinem Ruf als wahrer Meister in Sachen Interaktion gerecht wurde. Seine Publikumsnähe nahmen die Fans begeistert auf. Nicht ganz uninspirierend dürfte dabei die Literflasche Kräuterschnaps gewesen sein, an der sich der Lollapalooza-Erfinder regelmäßig erfrischte und stets beteuerte, wie wohl er sich beim Comeback seiner Band fühle: "I'm hangin' out with Jane's Addiction tonight, they're motherfuckin' Rock'n'Rollers. They are messangers. And what's the message? It's not Jägermeister, it's peace, brotherhood, sex and Rock'n'Roll!" Mit zunehmendem Pegel bezog er auch "Mista Navarro" und "Mista Perkins" in seine verbalen Publikums-Ausflüge mit ein.

Farrells Hang zu Theatralik und Navarros introvertierte Oben ohne-Coolness ergänzen sich perfekt mit dem elektrisierenden Rocksound zwischen Exzentrik und bodenständiger Power. Auch Jahre nach dem von ihnen mitbegründeten Boom wirken Jane's Addiction frisch und sexy. Gerade so, als hätte es Drogeneskapaden und Streitereien nie gegeben. Spätestens nach dem Doppelpack "True Nature" und dem kommerziellen Durchbruchsstück "Been Caught Stealing" ließen Jane's Addcition über 90 Minuten keinen ihrer Hits aus. Heavy Rock und powernder Pop at its best: ob die aktuelle Single "Just Because", neue Stücke wie "The Riches", "Price I Pay", "Everybody's Friend" oder alte Kracher wie "Ocean Side", "Mountain Song" oder der genial einfache Hit "Jane's Says", mit dem die Band wieder im Tourbus entschwand - nicht ohne Farrells Schwüre, unbedingt wieder zurück kommen zu wollen.

Der charmante, mit überbordend positiver Energie ausgestattete Frontmann konnte sich am Ende kaum von den Fans in den ersten Reihen losreißen. Am liebsten hätte er wohl jeden persönlich verabschiedet. Karl Bruckmaier philosophierte jüngst in der Süddeutschen Zeitung über unechten und echten Pop. Wer am Sonntagabend Perry Farrells Performance miterlebte, weiß, dass es letzteren immer noch gibt.

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Artistinfo

LAUT.DE-PORTRÄT Jane's Addiction

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