laut.de-Kritik
Mit viel Krach und noch mehr Getöse durch das Orchester-Dickicht.
Review von Toni HennigLaut dem Duden ist ein "Refugium" ein "ungefährdeter Ort, an dem jemand seine Zuflucht findet, an den er sich zurückziehen kann, um ungestört zu sein." So heißt ebenfalls die neue Live-Best Of von Joachim Witt, die er mitsamt Orchester am 7. Oktober 2018 im Leipziger Gewandhaus im Rahmen des Gothic Meets Klassik-Festivals einspielte. Wer jetzt denkt, dass sich der in Potsdam lebende Hamburger nach der Veröffentlichung, die auch noch exakt auf seinen 70. Geburtstag fällt, ein für allemal zur Ruhe setzt, der irrt gewaltig.
Mit "Refugium" begibt er sich nämlich im Frühling und Sommer auf große Deutschlandtournee, um seine Fans mit wagnerischem Schwulst und pathetisch aufgeladenen Texten zu beglücken. Als Support: Adrian Hates (Diary Of Dreams). Den Rest dürfte es beim Hören dieses Werkes wieder einmal eiskalt den Rücken runterlaufen. Witt polarisiert nach wie vor wie nur sehr wenige deutschsprachige Künstler. Pure Faszination oder blankes Entsetzen? Das liegt letzten Endes im Auge des Betrachters.
Zumindest von der Songauswahl lässt sich nichts beanstanden. Sicherlich dürfen "Goldener Reiter", "Die Flut" und "Gloria", also die drei Stücke, die das Leben Witts widerspiegeln, nicht fehlen. Neben diesen Hits befinden sich noch einige Perlen wie das vergessene "Märchenblau"-Kleinod "Wieder Bin Ich Nicht Geflogen" von 1983 oder die überzeugende Witt-Heppner-Kollaboration "Was Bleibt?" aus dem letzten Jahr auf der Platte. Ebenso braucht man auf Songs des aktuellen Studioalbums "Rübezahl" (2018) und der "Bayreuth"-Trilogie nicht zu verzichten.
Mit dem rockigen "Jetzt Und Ehedem" von "Bayreuth Zwei" eröffnet er den Abend. Schon die überbordenden Streicher, die marschierenden Drums, das süßliche Piano-Geklimper und die majestätischen Chor-Gesänge lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass im Verlauf der rund 75 Minuten geklotzt und nicht gekleckert wird. Den Vogel schießt aber ohnehin Witt von ganz alleine ab, da er mit seinem Geknödel krampfhaft versucht, gegen diese Armee klassisch ausgebildeter Musiker anzukämpfen. Dabei bahnt er sich mit viel Krach und noch mehr Getöse seinen Weg durch das Orchester-Dickicht. Dadurch raubt er den Arrangements sämtliche individuelle Entfaltungsmöglichkeiten.
Dementsprechend lässt sich die Zeit besser investieren, als dieser Darbietung von vorne bis hinten seine vollste Aufmerksamkeit zu schenken. Egal ob man kurz zu McDonald's fährt, um ein paar Big Macs zu holen, mit seinen Kumpels um die Häuser zieht oder mit dem Flugzeug nach Australien fliegt. Wenn man zurück kommt, trieft immer noch der selbe überladene Orchesterschmalz aus den Boxen, der sich in jedem Stück gleich wuchtig anhört und jegliche Dynamik vermissen lässt, sei es nun in "Goldener Reiter" oder in "Wintermärz". Vom ursprünglichen Sound der Album-Versionen bleibt nämlich absolut gar nichts mehr übrig.
Dazu präsentiert sich Witt mit seiner bebenden und flehenden Stimme wahlweise als gefallener Märtyrer ("Wintermärz"), als Karel Gott-Verschnitt mit Rauschebart ("Goldrausch"), als launischer Rübezahl ("Eisenherz") oder als Till Lindemann für Arme ("Ich Will Leben"). Daneben werfen seine metaphorisch aufgeblasenen Texte, die so gut wie ausnahmslos nach dem reim-dich-oder-fress-dich-Prinzip funktionieren, große Sinnesfragen auf, ohne tiefschürfende Erkenntnisse zu bieten.
Um das ganze "Leid" und den "Schmerz", den er immerfort mit unsäglicher Penetranz ins Mikro jodelt, am eigenen Leibe zu spüren, kann man auch gleich ununterbrochen den Kopf gegen die Wand hämmern. Wenn man zusätzlich noch ertragen muss, wie er in "Goldener Reiter" mit seinem affektierten Pressgesang zu monumentalen Breitwand-Klängen den minimalistischen Charme von einst gnadenlos zunichte macht, möchte man sich ohne zu Zögern freiwillig in die nächste "Nervenklinik" einliefern lassen. Authentizität gleich Null.
Immerhin sorgt noch Peter Heppner für ein wenig Abwechslung, wenn er in "Die Flut" und dem Nachfolger "Was Bleibt?" mit seinem charismatischen Vibrato den Wahl-Potsdamer zu bändigen weiß. Ansonsten kann, wenn sich Witt wie ein brünftiger Hirsch lauthals durch die Refrains der einzelnen Tracks röhrt, von poppig-einnehmender Dark Wave-Melodik nicht die Rede sein. Eher hat sein dauerangestrengter Vortrag schon beinahe etwas von akustischer Kriegsführung. Aus dieser Raupe wächst jedenfalls kein Schmetterling mehr.
Wer sich trotzdem nicht von der Überzeugung abbringen lässt, dass sich durch die Hinzunahme einfallsloser Orchester-Arrangements von der Stange, für die sich Nightwish in Grund und Boden schämen würden, eine ungeahnte Tiefe erreichen lässt, dürfte mit diesem Machwerk Made in Teutonia auf jeden Fall voll und ganz auf seine Kosten kommen.
6 Kommentare mit einer Antwort
Im dritten Absatz fehlen bei "Perlen" die Anführungszeichen.
Die Ein-Stern Bewertung geht natürlich völlig klar.
Fand es jetzt nicht 1 Sternwürdig, aber 3 auch nicht! Also 2, für den Toni is es glaube ich besser wenn er nicht solche "Schmonzetten" rezensieren muss. Dafür fehlt ihm nämlich der Sinn.
Also was sich da der Herr schmierig raus nimmt geht gar nicht wenn man keine Ahnung hat sollte man nivhtvzu so Konzerten gehen und darüber schreiben ! Schade das so ein Mensch diesen Job hat ,und es schlecht redet !!! Ich hab die LP und sie gefällt mir wie alkes was Joachim macht !! Er regt zum nach denken an zum überdenken was dem Schreiberling leider nicht gelungen ist sein Hirn einzuschalten.
Der Verfasser heißt zu recht Toni; denn er trifft den Ton nie.
Soll das eine ehrlich gemeinte Kritik sein oder ein persönlich geführter Kampf gegen einen Künstler, den dieser Toni scheinbar abgrundtief hasst?
Unter Kritik verstehe ich was anderes, als eine Aneinanderreihung von Beleidigungen.
Nun - ich hoffe Toni, dass Du ordentlich mit dem Kopf gegen die Wand gehämmert hast. Würde mich freuen.
Und zum Album von Joachim Witt: ich hab’s, bereue keinen Cent und es ist von vorne bis hinten hörenswert. Die klassischen Versionen klingen selbstverständlich ganz anders und auch nicht soooo bombastisch, wie die originalen, aber sie sind nun mal klassisch. Schon stimmig arrangiert. Ich würde mir eine Fortsetzung wünschen.
Ich verweise mal darauf:
§ 223
Körperverletzung
(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Mit Betonung auf "an der Gesundheit schädigt" und "der Versuch ist strafbar".
Texte aus dem Prosa-Bingo zusammengewürfelt, mit Rammstein goes Pop-Mucke und dem NI-maschine Bauskasten zusammen geklatscht, als Dark-Tenor mit Kreide im A*sch inszeniert, grenzdebiler geht's kaum noch. Witt hat fertig, that's it.