laut.de-Kritik
Blues und Classic Rock mit großer Geste.
Review von Yan VogelDer 44-jährige, wie immer top-gestylte Gitarrenheld ist halb so alt wie seine Zielgruppe und bedient mit Album Nr. 15 sowohl die traditionelle Blues- wie die Classic Rock-Schiene. Nach der Lockdown-bedingten Live-Pause, die auch dank der Aufführung seiner bis dato neuesten Veröffentlichung "Royal Tea" nur unwesentlich den Geltungsdrang des umtriebigen Amis bremste, steht nun bereits das nächste Album an.
"Time Clocks" greift die Machart des Vorgängers auf, verbindet Blues mit Classic Rock, spendiert große Gesten und elegische Ausschweifungen. "Time Clocks" klingt insofern spannend, da es einerseits die Spontanität einer Trio-Besetzung einfängt. Gleichzeitig ließ Bonamassa seinem Produzenten Kevin Shirley freie Hand, was ein detailreiches Klangbild mit reichlich Piano, Backings und Orchester zur Folge hat.
Der oft wegen seiner Iron Maiden-Produktionen gescholtene Shirley agiert bei Bonamassa wesentlich kreativer und arbeitet sicherlich zum Unmut von Puristen, aber der Langzeitwirkung nicht abträglich, tolle Kniffe und Spielereien in den Sound ein, etwa das Pizzicato-Intro zu "Question And Answers", das sehr gut den tänzelnden Rumba-Charakter des Stückes vorwegnimmt. Auch das Album einleitende "Pilgrimage" punktet mit beschwörerischen Tribal-Drums.
Bemerkenswert auch die kompositorische Güte der Tracks: Bonamassa wendet zwar keine Zwölf-Ton-Technik an, fühlt sich jedoch in den Kirchentonarten so beheimatet wie in seinem maßgeschneiderten Anzug, nachzuhören auf "Notches" oder dem Titeltrack. "Curtain Call" ist die fast schon obligatorische Verbeugung vor Led Zeppelin, hier insbesondere vor deren orientalisch angehauchtem Kopfnicker "Kashmir", versehen mit tollen Chören und einer Orchestrierung, die dem Song ein cinematographisches Antlitz verleihen. "The Loyal Kind" greift die folkig verspielte Seite des Bleizeppelins auf und lässt auf eine harmonisch durchdachte Bridge einen kraftvollen Refrain folgen.
Mit "The Heart That Never Wait's" präsentiert Bonamassa eine traditionelle Blues Nummer. Der Titeltrack schlägt eine Brücke zwischen Tradition und Moderne: Eine emphatisch hochfliegende Hook im Refrain konstrastiert ein Country-Picking in der Strophe. Klingt auf den ersten Höreindruck gewöhnungsbedürftig, funktioniert hingegen hervorragend.
"Hanging On A Loser" strickt Bonamassa locker flockig als euphorische Blues-Nummer, verzichtet jedoch nicht auf den Killer-Refrain. Das nachfolgende und das Album abschließende "Known Unknowns" verbindet ebenfalls behände traditionelles Blue Note-basiertes Songwriting mit der heiligen Hook-Schule der Achtziger. Als hätte Desmond Child mit Robert Johnson ein Kind gezeugt und in den Unterricht zu Stevie Ray Vaughan geschickt. "Mind's Eye" ist schlicht eine tolle Ballade, die zum Schwelgen in Erinnerung einlädt.
Bonamassa kann zwar nicht über Wasser gehen, aber dafür prima Gitarre spielen. Die Songs sind durchweg stark. Da er den Gesang nicht erfunden hat, greift er auf die starken Stimmen der Backround-Sängerinnen zurück. Der Trio-Charakter der Songs reißt direkt mit, die opulente Produktion sorgt für Langzeitwirkung.
8 Kommentare mit 24 Antworten
"Der 44-jährige, wie immer top-gestylte Gitarrenheld ist halb so alt wie seine Zielgruppe und bedient mit Album Nr. 15 sowohl die traditionelle Blues-wie die Classic Rock-Schiene."
Und damit ist in der Review eigentlich auch schon alles gesagt.
also ich bin jünger als joe bonamassa und finde ihn seit jahren echt ein highlight!!!
musik die heute leider immer weniger produziert wird...
für mich einer der besten protagonisten der neuzeit, weder abgehoben noch überheblich...
einfach eine kuule socke!!!
Warum Blues nur für über 88-Jährige interessant sein soll, erschließt sich mir nicht. Blöder Spruch.
Bin grundsätzlich aufgeschlossen, wenn jemand was mit dem angestaubten Bluesrock anfängt. Bonamassa macht halt nur den absoluten Durchschnitt. Auf gar keinen Fall schlecht. Aber halt schon tausende Male gehört, ohne auch nur einen Hauch von neuer Inspiration dabei. Nach einem Takt weißte, wie die nächsten 50 klingen werden. Verstehe seine Fans ebenso wenig wie die von Greta Van Fleet.
Darf ich?
OK, hab mich gerade registrieren lassen.
Will eigentlich nur einen Kommentar zu Ragism loswerden. Zugegeben ein wenig spät nach 9 Monaten, aber nun ja.
Musik Genres sind weitestgehend vorgegeben und seit Grunge in den 90-er Jahren gibt es keine neuen nennenswerten Stilrichtungen mehr. Wir hören heute Konglomerate aus allen Stilen, aber es gibt keine Richtung. Insofern begeistern mich Musiker, welche aus "tausend Mal" gehörten Sounds neue Facetten raushobeln. Gerade der Blues mit seiner über 100 jährigen Geschichte bleibt doch durch so tollen Gitarristen Joe Bonamassa oder Steve Ray Vaughan am leben.
Ende der 60-er wurden Led Zeppelin vorgeworfen, den Blues zu pervertieren. Heute gelten sie als Wegbereiter für den Blues (und Folk) im Heavy Lager. Solche Innovationen sind heute sicherlich nicht mehr zu erwarten. Umso mehr freue ich mich auf traditionelle Musik mit modernem Feeling, welche auch die Seele der zugrunde legenden Musik weiterträgt und kein Abklatsch ist.
Joe Bonamassa hat diese Seele.
"seit Grunge in den 90-er Jahren gibt es keine neuen nennenswerten Stilrichtungen mehr."
Oh Mann.
Das tat schon ziemlich weh. "Ich habe seit 30 Jahren keine aktuelle Musik mehr gehört" kann man auch eleganter sagen.
Was ist mit HexD?
"Gerade der Blues mit seiner über 100 jährigen Geschichte bleibt doch durch so tollen Gitarristen Joe Bonamassa oder Steve Ray Vaughan am leben."
SRV hat seit seinem Helikopterabsturz vor über 30 Jahren nicht mehr wirklich was gerissen, du Kastratenfürst.
HexD erinnert mich an Vaporwave.
@rnorpho Musikalisch gehe ich mit der Aussage konform, aber warum muss eigentlich immer eine Beleidigung folgen?
Manche können eben einfach nicht anders, du Flitzpiepe.
Ah, die gute alte Zwangs-Tourette
Worin unterscheidet sich denn Zwangs-Tourette von nem normalen Tourette-Syndrom, du Hodenmolch? Wohl kaum im Zwang.
1 ist F42.X und das andere F95.2. Da liegen viele Nummern und hinter selbigen Raum für individuell außerordentlich unterschiedlich verteilte und beobachtbare Beklopp... ähm, kassenärztlich kurierbare psychische Störungen dazwischen, sollte klar sein.
Und hinter welchem ICD-10-Schlüssel verbirgt sich die Überzeugung, Joe Bonamassa würde dem Blues irgendwelche neuen Facetten entlocken?
Wahn ist häufiger ein Symptom verschiedener inhaltlicher Denkstörungen denn als isolierte Störung in freier Wildbahn anzutreffen, bis wir aber andere vorherrschende Eindrücke von Hamniwatt bezeugen dürfen, die über die wahnhafte ich-syntone Fehlüberzeugung hinausgehen, dass Joe Bonamassa dem Blues bisher irgendwelche neuen Facetten entlocken konnte oder dies auf zukünftigen Alben noch tun wird, fährt OP mit der F22.X erst mal gediegen und chillaxt weiter, denke ich.
Nicht näher bezeichneter Stiso ist der beste Stiso.
Thema beendet. Thread kann dann damit auch zu.
@rnorpho Die mit Tourette-Sydrom, unter anderem, unkontrollierte Benutzung von Schimpfwörtern, kann, bei literarischen Ergüssen, vom Schreibenden, eine gefestigte geistige Disposition vorausgesetzt, erfolgreich unterdrückt werden. Beim Auftreten der Zwangs-Tourette, einer Sonderform, wie sie nur auf Laut.de vorkommt, ist dieses nicht möglich.
Die Psycho-Kapitel im ICD-10 sind pures Comedy Gold, genau.
https://invidious.fdn.fr/watch?v=bxYiVs4JKJU