laut.de-Kritik
Tangerine Dream für Horrorfreunde.
Review von Ulf KubankeDie Carpenters haben anscheinend Rock'n'Roll-Blut geleckt. Nach dem gelungenen erste Kapitel "Lost Themes" ist die Kernband - Carpenter senior mit Sohn und Patensohn - voller Tatendrang samt Tour-Planung. Hierfür benötigen sie ein zweites Album. "Lost Themes II" ist weder Enttäuschung noch Überflieger. Eine Platte aus dem Mittelfeld.
Schon der Titel suggeriert das Sequel-Element der Scheibe treffend. Am vielversprechenden Ansatz des Konzepts hat sich nichts geändert. Tracks als Miniaturen zwischen Grusel, Dunkelheit und schnurriger Eingängigkeit bestimmen weiterhin das Konzept. Die neuen Stücke bieten hierbei jedoch ebenso viel Stagnation wie Faszination.
So gibt es Erfreuliches, Ärgerliches und Skurriles zu verzeichnen. Das Gute ist rasch erzählt. Die filmische Grundstimmung dieser zwölf Instrumentals verdichtet sich noch mehr als auf dem Vorgänger. Jeder einzelne Track wirkt szenisch zugeschnitten und suggestiv. Besonders im Soundbild locken die Arrangements durch vermehrte Gitarrenpräsenz.
Das tolle "White Pulse" glänzt mit gehobener Dramatik. Besonders großartig erblüht "Angel's Asylum", der beste Moment der Platte, samt elegant gezupftem Sechssaiter. Mit "Bela Lugosi" ist Carpenter nach Bauhaus schon der zweite, der dem Ungarn mit seiner abenteuerlichen Biografie einen verdienten Altar baut.
Zusätzlich fällt eine Merkwürdigkeit auf. Das komplette Dutzend klingt so dermaßen nach Tangerine Dream. Man muss schon Fachmann sein, um hier nicht ein Werk der Froeses zu vermuten. Vorwerfen kann man Carpenter die enge Verwandschaft seiner Musik zu den Deutschen indes nicht. Beide haben diese Merkmale autark zu Beginn der 70er Jahre entwickelt, ohne vom anderen Kenntnis zu besitzen.
Ein wenig problematischer verhält es sich mit der recht kurzen Halbwertszeit von "Lost Themes II". Viele Melodien und Harmonien bleiben an der Oberfläche und setzen auf die Effektivität des ersten Hörens. Dieses typische Element von Horrorfilmmusik verhindert leider echten Hörgenuss. Hinter dieser Vordergründigkeit verbirgt sich nichts. Die Entdeckungsreise ist schnell am Ende.
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