laut.de-Kritik
Der 73-Jährige besinnt sich auf das Atmosphärische.
Review von Toni Hennig2015 erschien mit "Lost Themes" das erste echte Debütalbum John Carpenters. Darauf lebte der US-Amerikaner seinen Hang zu epischen Songstrukturen aus. Auf dem ein Jahr später veröffentlichten "Lost Themes II" setzte er dagegen auf kurzweilige Horror-Unterhaltung. Nun besinnt er sich auf "Lost Themes III: Alive After Death" mehr auf seine atmosphärischen Qualitäten.
Das anfängliche "Alive After Death" knüpft jedoch erstmal an die Kurzweiligkeit des Vorgängers an, wenn pluckernde Sequenzer-Töne und helle 80er-Jahre-Keyboards im Stile von Tangerine Dream das Stück durchziehen. Am Ende hört man noch ein paar rockige Gitarrensounds, wie man sie von dem mittlerweile 73-Jährigen kennt. Im anschließenden "Weeping Ghost" gesellen sich schließlich noch Klavier-Klänge hinzu, die im weiteren Verlauf der Platte eine Tiefe verleihen, der man sich schwer entziehen kann. Strukturell lässt der Track dabei an "Vortex" von "Lost Themes" denken.
Das folgende "Dripping Blood" kommt zwar ohne Piano aus, hätte aber mit seinen vernebelten Ambient-Flächen und den barocken Melodien genauso gut auf dem "The Fog"-Soundtrack stehen können. "Dead Eyes" bietet dann mit bedrohlichen Synthies und Piano-Schlägen sowie ätherischen Chören psychologischen statt paranormalen Thrill. Danach leiten in "Vampire's Touch" unterschwellige Beats die leicht technoide Phase des Albums ein. Dabei kommt mit einem romantischen Motiv am Klavier Melancholie nicht zu kurz.
"Cemetery" mutet im Anschluss etwas generisch an, vernimmt man doch im Grunde das selbe Gitarrenmotiv wie in "Weeping Ghost". Die folgenden Tracks geraten aber wieder deutlich überzeugender. "Skeleton" versetzt den Hörer mit Dance-Beats, schweren Gitarrentönen, verspielten Klavier-Melodien und großräumigen Synthies in tranceartige Ekstase, "The Dead Walk" lädt mit harten Riffsalven zu unterkühlten Synthwave-Klängen und dramatischen Piano-Akkorden sogar zum Headbangen ein. Dazwischen gibt es mit "Turning The Bones" eine Nummer, die mit langsam vor sich hinpluckernden Sequenzen und trügerisch optimistischen Melodien, die immer wieder ins Ambienthafte abgleiten, eine mysteriöse Spannung erzeugt, die sich allerdings nicht entlädt.
Am Ende entführt "Carpathian Darkness" mit dunklen, hochmelodischen Piano-Tönen, progressiven Synthie-Einsprengseln und epischer Gitarre in die karpathischen Wälder. Dabei drängt sich immer wieder ein barockes Motiv in den Vordergrund. Atmosphärisch erinnert das sehr stark an den Abschlusssong des "The Fog"-Soundtracks, "Reel 9".
Letzten Endes klingt "Lost Themes III: Alive After Death" wie eine ideale Schnittmenge aus dem Anspuch von "Lost Themes" und der Eingängigkeit von "Lost Themes II", zusätzlich ergänzt um feinsinnige gothische Nuancen. Nur etwas Neues, das sollte man von John Carpenter nicht erwarten. Dafür stellt er ein weiteres Mal eindrucksvoll unter Beweis, dass er absolut nichts verlernt hat, wenn es um zeitlose Gruselklänge geht, die für wohlige Schauer über den Rücken sorgen.
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