laut.de-Kritik
Berliner Göre in ländlicher Idylle.
Review von Jasmin LützSänger schauspielern oder Schauspieler singen, wa?! Nichts Ungewöhnliches heutzutage auf diesem Planeten. Außer, dass es nur in den wenigsten Fällen wirklich gelingt, und man die Mimik oder den Gesang auch ertragen kann. Jüngstes Beispiel für eine gelungene Kombination ist Julia Hummer, bekannt aus Film- und Fernsehen (Tatort, Crazy, Die Innere Sicherheit ...). Die Berliner Göre mit der großen Klappe und dem leidenschaftlichen Nikotinkonsum klemmt sich gerne eine Gitarre unter den Arm oder eine Mundharmonika zwischen die Zähne, wenn sie mal nicht vor der Kamera agiert.
Das runde Resultat ist eine lauschige Indie-Folk Landschaft, die auf den Namen "Downtown Cocoluccia" hört. Während sich ihre amerikanische Kollegin Juliette Lewis mehr dem Rock hingibt, säuselt Julia mit sehr viel Ruhe ihre natürliche Selbstverständlichkeit ins Mikro und harmoniert bestens mit der ebenso prominenten Männergesellschaft. Christopher "Krite" Uhe (Sharon Stoned, Speedniggs, Schneider TM) produzierte das Debüt und ist aktives Mitglied der Too Many Boys.
Bereits mit dem Opener "True & Innocent & Untouched" fühlt man sich so ganz und gar nicht am Alexanderplatz (Berlin ist nämlich die Heimat der Hummer, weeßte?!), sondern riecht eher die Weite der amerikanischen Countryroad-Steppe. Oder den Heuhaufen auf dem Bauernhof, wo das Album in Wirklichkeit aufgenommen wurde. Auf jeden Fall muss es eine idyllische Atmosphäre gewesen sein, und die lässt sich nun in der warmen Oktobersonne ganz besonders genießen. Da macht es auch nix, wenn die Stimme Hummers mal ein wenig aus der Reihe tanzt. Seit 2001 schreibt sie nun schon ihre Singer/Songwriter Popsongs, die auch gerne mal in die Tiefe des Blues flüchten ("Bowling In Woodstock"). Klassische Popschönheiten ("Katharina") findet man ebenso wie leichtes Garagengepolter in "New Blues". Bei den vierzehn Liedern bedarf es keiner außergewöhnlichen Instrumentierung. Je sparsamer, desto besser, und dabei erzählt jedes Stück seine eigene kleine Liebesgeschichte.
Frau Hummers Schauspieltätigkeit wurde mit einigen Preisen und Auszeichnungen geehrt, obwohl sie sich schon immer mehr zur Musik hingezogen fühlte. In England erregten ihre Songs bereits Aufsehen, und auch hierzulande erobert sie so manches Indieherz. Ihre musikalische Leidenschaft scheint mehr und mehr in den Vordergrund zu rücken. Sollte die Leinwandheldin kein Interesse mehr an der Schauspielerei haben, so hat sie bereits, mit sehr viel innerer Sicherheit, ein zweites Standbein auf der Rock'n'Rollbühne gefunden. Mit Akustikgitarre und sehnsüchtigem Mädchenblick.
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