laut.de-Kritik
Erste Schritte auf dem Weg in die Ernsthaftigkeit.
Review von Ulf KubankeBubblegum-Pop ist in der Regel ein polarisierend zweischneidiges Schwert. So verhält es sich auch bei Katy Perry. Mit ihrer dis dato kurzen, aber nicht minder kometenhaft steilen Karriere löste die Kalifornierin bei Publikum, Medien und konservativ-christlichen Gruppierungen die verschiedensten Reaktionen ausgelöst.
Die einen lieben die knallbunten, fast schreiend grellen Melodieschnipsel. Andere verachten die Frau aus Santa Barbara der ihr unterstellten Oberflächlichkeit, Kalkuliertheit und pseudo-provokanten Art wegen. US-Kirchenverbände zeigten sich gewohnt atavistisch entsetzt ob des befürchteten Sodom und Gomorrhas angesichts ihres Überhits "I Kissed A Girl".
Was immer man von obig Gesagtem für wahr halten mag: Natürlich tut Perry gut daran, den nächsten konsequenten Schritt gen Ernsthaftigkeit zu planen. Was liegt da näher, als sich einen Waggon auf der beliebten "Ich bin eine total ernst zu nehmende Künstlerin und mache deshalb mal 'ne Runde MTV Unplugged!"-Schiene zu besorgen?
Ende Juli fand der Auftritt statt und liegt nun als CD/DVD in der Warteschleife vorweihnachtlicher Wunschzettel. Solches kann natürlich nur dann gut gehen, wenn man als Performerin und Interpretin etwas derart Originäres mitbringt, dass sich der Hörer nicht bereits nach drei Minuten zu Tode langweilt.
Bis jetzt liest sich die Rezension, wie eine Vorbereitung zum final hämischen Verriss, nicht wahr? Aber nein: Der kommt nicht! Die Mittzwanzigerin schlägt sich - für ihre Verhältnisse - nämlich teilweise recht gut. Das lediglich sieben Tracks umfassende Konzert eröffnet, wenig überraschend, mit dem unvermeidlichen Damen-Knutsch-Song.
Katy Perry treibt dieses ehedem belanglose Liedchen allen Befürchtungen zum Trotz mit einem leicht jazzy-bluesigen Unterbau zu einem echten Zungenkuss. Es macht Spaß, ob man will oder nicht.
"Ur So Gay" folgt auf dem Fuße. Spätestens hier zeigt sich die ausgesprochen gute Idee, ein gelegentlich tröpfelndes Piano als rhythmische Infusion einzustreuen. Der fluffige Big Band-Touch zwischendurch kommt ebenfalls nicht trendy abgeschmackt daher.
Vielmehr geht alles songdienlich arrangiert zur Sache. Ein krönendes Sax gen Ende rundet das poppige Bild ab. Das obligatorische Cover, hier von Fountains of Waynes "Hackensack", plätschert hernach wie ein freundlich harmloses Bächlein aus den Lautsprechern. Belanglos wird es nicht, die Grundmelodie des Originals ist einfach zu stark.
Das war es dann aber, mit den Höhepunkten. "Thinking Of You" und "Lost" rettet auch keine Effekt haschende Folk-Barden-Leidenschafts-Attitüde vor der total langweiligen Bedeutungslosigkeit.
"Waking Up In Vegas" drückt so penetrant auf die eitrige Pink-Drüse, wie man sie extra für die "American Pie"-gestählte junge amerikanische Generation erfunden hat. Da kommt einem fast schon der Brechreiz hoch, so reißbrettartig und austauschbar totgenudelt quillt der akustische Schleim aus den eben noch gut gelaunten Boxen.
"Brick By Brick" als einzig neuer Track steckt zum Ende genau zwischen den zwei Jekyll/Hyde-Gesichtern der Katy Perry. Ambitioniert und ausdrucksvoll gesungen, doch als Komposition eben nur Durchschnitt.
So medioker das Gesamtbild ausfällt, so wichtig ist es für die Sängerin, den Anschluss an eine eigenständige Künstlerpersönlichkeit nicht zu verpassen und den Eintritt in eine erwachsenere Musikszene zu wagen. Der sehr kurze Akustik-Gig kann da nur den Auftakt eines noch sehr weiten Weges bilden. Hoffentlich traut sich Katy Perry, ihn zu gehen.
81 Kommentare
7 Tracks??????????
Und überhaupt, dachte MTV unplugged wäre verdienten Künstlern vorbehalten.
Und überhaupt II: Wo finde ich eine vollständige Liste aller Unplugged Auftritte und jetzt sagt nicht mtv.com, da bekommt man Zustände was die Aufbereitung der Unplugged-Serie angeht.
@lautuser (« Und überhaupt II: Wo finde ich eine vollständige Liste aller Unplugged Auftritte und jetzt sagt nicht mtv.com, da bekommt man Zustände was die Aufbereitung der Unplugged-Serie angeht. »):
http://de.wikipedia.org/wiki/MTV_Unplugged
Na ja, kaufen würd ich mir so etwas natürlich nicht, aber die Frau Perry wird glaube ich immer ein wenig schlechter gemacht, als sie wirklich ist.
Dieses Album ist ziemlich unnötig. Ich dachte, MTV Unplugged wäre was für die richtig Großen der Popmusik und nicht für so eine (vielleicht sogar Eintagsfliege) wie Katy Perry. Was kommt als nächstes? Lady Gaga? Marit Larsen? Daniel Schuhmacher?...
@Der_Dude (« Scheinbar haben die beiden da keine Lust drauf . Aber sie haben ja auch aufgehört zu streiten, falls ich das richtig sehe . »):
jupp, da war der winkende Zaunpfahl dann hoffentlich groß genug.
@Fear_Of_Music (« @lautuser (« Sir Mix a lot hats raus! »):
obwohl wenn man's genau nimmt, das video bzw. der song wiederum in die andere richtung rassistisch ist
»):
Außerdem glaube ich das gerade Black-Music Videos wie dieses, mitverantwortlich für das stereotype Bild der schwarzen Frau sind. Arschwackeln in Videoclips wird dort ja schon inflationär als Stil und/oder Verkaufsmittel gebraucht.
Auf jeden :D:D ( An die letzten 3 Posts xD)
@mördermonstermuschel (« Außerdem glaube ich das gerade Black-Music Videos wie dieses, mitverantwortlich für das stereotype Bild der schwarzen Frau sind. Arschwackeln in Videoclips wird dort ja schon inflationär als Stil und/oder Verkaufsmittel gebraucht. »):
Diejenigen, die bestimmen, wie getanzt wird, sind mit Sicherheit nicht die stolzesten Vertreter der schwarzen Emanzipationsbewegung, wenn sie nicht eh schon weiss wie Zwieback sind