laut.de-Kritik

Dieses Album ist nicht zum Teilen gedacht.

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Manchmal lässt einen die Konzentration im Stich. Vor allem im Frühling ist man keineswegs gefeit gegen die allerorten überschwappenden Gefühlswogen. Die Hormone feiern bunt glitzernde Volksfeste und fahren munter Achterbahn. Früh sprießende Knospen erwecken alle Hoffnungen und Ängste aus ihrem Winterschlaf.

Den Soundtrack dazu gibt's von Keane.

"I'm lonely and I'm too tired to talk" schmachtet Tom Chaplin in "Can't Stop Now", und man ist versucht, diese Ausfahrt zu nehmen. Die Texte auf "Hopes And Fears" behandeln dieselben Themen wie die am Kiosk an der Ecke erhältlichen Schundromane: Liebe und Beziehungen und noch mehr Liebe. Wer kennt die Angebetete in "She Has No Time" nicht? Das In-Sie-Verliebt-Sein scheint an ihr abzuperlen, weil sie die Gefühle nicht erwidern kann oder will. Angst oder Wahrheit erschlagen die aufkeimende Hoffnung. Ideale Momente, sich in Melancholie zu suhlen.

Keane verpacken ihre "Groschenheft-Amouren" jedoch in ausnahmslos schöne akustische Gewänder. Bezaubernde Melodien umgarnen die emotionsgeladenen Texte. Mit Piano, Schlagzeug und Gesang kreieren Keane ein "Mixtur aus dreckigem Coldplay und verwirrtem Beautiful South" (Steve Lamacq, BBC). Die in wenigen Fällen schon ein wenig seichten Kompositionen kriegen aber immer wieder die Kurve vor dem Fahrstuhl, ganz knapp an dessen Lautsprechern schrammt die erste Single "Everybody's Changing" vorbei.

Keane haben nichts mit Rock'n'Roll am Hut, Bier und Fußball bedienen andere. Die dritte Single-Auskopplung "Somewhere Only We Know" lässt sich zwar problemlos bis zu viermal im Rahmen einer Indie-Rock-Veranstaltung auflegen, auf Albumlänge sieht das aber anders aus. "Hopes And Fears" ist nicht zum Teilen gedacht und birgt viele ruhig Momente. Selbst normal kaum wahrnehmbare Geräusche des Aufzugs, der einen vom neunten Stock nach U3 fährt, stören den Hörgenuss, wenn man sich nach einem guten Film mit seinem iPod auf den Heimweg begibt. Allein.

Willkommen im Popparadies für Liebeskranke.

Trackliste

  1. 1. Somewhere Only We Know
  2. 2. This Is The Last Time
  3. 3. Bend And Break
  4. 4. We Might As Well Be Strangers
  5. 5. Everybody's Changing
  6. 6. Your Eyes Open
  7. 7. She Has No Time
  8. 8. Can't Stop Now
  9. 9. Sunshine
  10. 10. Untitled 1
  11. 11. Bedshaped

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20 Kommentare

  • Vor 6 Jahren

    Endlich wieder auf Vinyl, eins meiner All-Time-Favourites!

  • Vor 6 Jahren

    Endlich wieder auf Vinyl, eins meiner All-Time-Favourites!

  • Vor einem Jahr

    Gehört für mich bis heute zu den besten Britpop Alben aller Zeiten. Natürlich kennen die meisten die großen Hits wie "This is the last Time", "Everybodys Changing" und natürlich "Somewhere only we know". Andere Songs wie "We might as well be strangers" und "She hast no time" sind allerdings nicht weniger gut. Wenn diese unglaublich gut geschriebenen Songs von Tim Rice- Oxley auf die engelsgleiche Stimme von Tom Chaplin treffen, kann man getrost von einem Meisterwerk sprechen. Leider wurden die nachfolgenden Alben dann immer am Erstling gemessen.