laut.de-Kritik

Bierseliger Vollproleten-Rock mit Schlager-Ethos.

Review von

Die Welt von Kid Rock ist eine einfache. Es geht um Bierdosen und Blondinen mit großen Titten, um Schlager-Glückseligkeiten und Stolz auf die eigene Flagge, um Schusswaffen und Jesus. Kid Rock ist in vielen Hinsichten so etwas wie der Jürgen Drews des US-Rocks: ein alberner Schlageronkel, ein Faschingsprinz unter seinen vollreaktionären Schmalspurkarnevalisten.

Auch wenn Kids neues Werk "First Kiss" im Südstaaten-Country-Rockoutfit daher kommt: In Wahrheit bedient es ausschließlich Schlagersehnsüchte und -gelüste, ausgiebigst und aufs Übelste. "First Kiss" ist ein Unterhemd tragendes, nach altem Bier und Achselschweiß stinkendes, sentimental-weinerliches, selbstzufriedenes und durch und durch reaktionäres Country-Rock-Album. Hier ertrinkt alles in sich selbst niemals hinterfragender Glückseligkeit und Klischee, vom ersten Ton an.

Der Titeltrack schlägt gleich als Opener kräftig in die Sentimentalitätskerbe und wirkt wie ein lauwarmer Aufguss von Bryan Adams "Summer Of 69". Damals, in der Kleinstadt, im alten Chevy, die Fenster runtergedreht, keine Kohle, aber massig Zeit, Tom Petty im Radio, Zigaretten rauchen und Mädchen küssen.

Bei "Good Times, Cheap Wine", einem Southern-Boogie-Stampfer, regt sich Kid dann über die bösen Hipster-Bands am Coachella Valley Music and Arts Annual Festival auf und gibt zu Protokoll, er trinke weder Champagner noch sei er ein Fan von Coldplay, poste außerdem auch nicht auf Facebook, sondern bevorzuge billigen Fusel, laufe keinen Trends hinterher und höre noch den "echten" Rock'n'Roll. Beim letzten Chorus wird dann sogar noch mitgeklatscht. Ja, wir sind längst im Musikantenstadl angekommen.

Es wird nicht besser, da hilft es auch nichts, dass der dritte Track "Johnny Cash" heißt: ein Liebeslied, bei dem sich Kid von der ewigen Romanze zwischen Johnny und June Carter Cash inspirieren ließ. "I wanna be your Johnny Cash", singt er, und Johnny Cash kann sich genau so wenig wehren wie damals Warren Zevon, als Kid Rock sein "Werewolves Of London" in der abscheulichen Single "All Summer Long" verwurstete.

Nicht, dass er hier musikalisch per se etwas falsch machte: "First Kiss" ist wohlproduzierter Country-Rock aus der Südstaaten-Hemisphere, so gut gespielt wie einfallslos. Es ist Rocks Persona, seine Texte, was er daraus macht, das die Sache so unerträglich werden lässt. Kid Rock denkt, er habe eine Menge zu erzählen. Tatsächlich ist er so wie der betrunkene Onkel am Familienfest, der nie zu reden aufhört und dessen Fahne einem extrem unangenehm ist. Einer, der Sachen wie "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!" von sich gibt, debile, obszöne Witze reißt und jeder Frau auf den Allerwertesten schaut und lauthals kommentiert.

Rock reminisziert darüber, mit seinem Vater auf der Veranda zu sitzen und Bier zu trinken ("Drinking Beer With Dad"), über alte Zeiten, und darüber, wie wenig ihn die neuen interessieren. Weil er gerne verstorbene Leute, die nichts dafür können, ins Spiel bringt, heißt dann ein Track auch "Jesus And Bocephus". Bocephus war, für diejenigen die es nicht wissen, der Spitzname von Hank Williams. Hier ist nichts kein Klischee, keine abgedroschene Floskel.

Es gibt auf dieser Welt genügend guten, wahrhaftigen Country, Country Rock, Southern Rock. "First Kiss", dieses reaktionäre, bibeltreue, klischeegetränkte, betrunkene und selbstzufriedene Machwerk trägt zu diesem Oeuvre nichts, aber auch gar nichts, bei. Mehr sei nicht gesagt, sonst kreuzt Kid Rock noch zusammen mit seinem gleichgesinnten Freund Ted Nugent hier auf und schießt auf mich.

Trackliste

  1. 1. First Kiss
  2. 2. Good Times, Cheap Wine
  3. 3. Johnny Cash
  4. 4. Ain't Enough Whiskey
  5. 5. Drinking Beer With Dad
  6. 6. Good Time Lookin' For Me
  7. 7. Best Of Me
  8. 8. One More Song
  9. 9. Jesus And Bocephus
  10. 10. Foad

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17 Kommentare mit 232 Antworten

  • Vor 9 Jahren

    Ich fand das Zeug was er früher gemacht hat ja schon geil. Aber bevor ich diesen Müll hier anhöre geb ich mir lieber die Kugel.

  • Vor 9 Jahren

    Da ich KR bisher nicht kannte, habe ich mir auf MUZE alle verfügbaren Songs angehört und gleichzeitig die Kommtentare im Forum durchforstet. Muss schon sagen: WOH. Was Rock mit so wenig guter Musik, an Maximum an Aufmerksamkeit im Forum rausholen, ist schon bermerkenswert. Mein Fazit: da höre ich mir lieber die alten Nickelback Sachen an. Jedoch sollte jeder nach seiner Facon glücklich werden. Ob rechts, links, mitte, unter oder oben. So what!

  • Vor 6 Jahren

    naja es mag nicht sein überwerk sein aber drinkin beer with dad und aint enaugh whisky sind schon ganz dope kick ass smokers!

    wer trinkt nich gern mal ein bier mit seinem vater?