laut.de-Kritik
Eine Zumutung zwischen Blasmusik und Alpenrock.
Review von Kai KoppWenn Konstantin Wecker seinen Ländlerrock serviert, sollte der Humorschalter auf 'Ein' stehen. Denn musikalisch ernst zu nehmen, ist der Schalk nicht, der dem 61-Jährigen bei "Gut'n Morgen Herr Fischer - Eine Bairische Anmutung" im Nacken sitzt. Warum auch?
Immerhin ist die CD eine Verlegenheitslösung. Denn das Studio war gebucht, das geplante Projekt ist kurzfristig geplatzt und eine Absage wäre kostspielig gewesen. "Dann habe ich mich daran erinnert, dass ich immer schon mal eine bayerische CD machen wollte", kommentiert Wecker die Geburtsumstände, "das ist einfach ein Ausreißer".
Freundlich gestimmt, kann man "Gut'n Morgen Herr Fischer" als kuriose Mischung aus bayerischer Volksmusik, Rock, Pop und Reggae begreifen. Man könnte auch Blasmusik meets Alpenrock bescheinigen. Biermösl Blosn und die Politkabarett-Sendung "Scheibenwischer" kommen einem bei dieser Art Auf-den-Arm-nehm-Volksmusik in den Sinn. Aber seien wir ehrlich: Wer legt sich sowas schon freiwillig zuhause auf?
Auf "Lang Mi Ned O" sorgt der imaginäre Männergesangsverein Garmisch für das Intro. Zither und sonstige Bergklischees konkurrieren im weiteren Verlauf mit Steel Drums und Reggae-Beats um die Gunst des Hörers. "So A Saudummer Dog" zeigt Wecker von seiner funkigen Seite. Doch ohne Tuba und Posaunen kommt auch diese Nummer nicht aus.
Einzig von einer Handharmonika unterstützt intoniert Wecker das folgende Gstanzl, eines von insgesamt drei gesungenen Vierzeilern des Liedermachers Roider Jackl. Natürlich dürfen in diesem bunten Sammelsurium akustische Klampfen nicht fehlen.
Das "St. Adelheim Lied" liefert den Stoff, aus dem die Lagerfeuergitarristenträume sind. "Weil ich ein sehr intensives und mit Irrfahrten übersätes Leben geführt habe, war das immer eine große Quelle der Inspiration", schmunzelt Wecker über die neue Version seines alten Songs über den Münchner Knast, in dem er selbst schon einsaß.
"Anna R. Chie" rockt und rollt in bester Spider Murphy Gang-Manier, denn zarte Assoziationen an "Rosi" weckt auch Weckers "Anna". Der Skandal im Sperrbezirk fand seinerzeit jedoch ohne Musikverein statt.
"Ja da sind sie, die alten Rittersleute" - Wecker schreckt wirklich vor nichts zurück und macht mit der Gitarrenrock-Version des Trinkliedes den Toten Hosen und ihren "10 Kleinen Jägermeistern" ernsthafte Konkurrenz. Mit "Wieder Dahoam Reloaded" und "Oma" zeigt Wecker für einen kurzen Moment, dass er auch anders kann.
Der Titeltrack "Gut'n Morgen Herr Fischer", platziert als siebzehnter Song, wühlt in Erinnerungen an Jimi Hendrix' berüchtigte Version der amerikanischen Nationalhymne. Dass zwischen den Feedback-Gitarren bayrische Blasmusik ihr Unwesen treibt, und das Durcheinander als Tohuwabohu endet, das auch noch Weckers legendären "Willi" zitiert, macht die Sache nicht besser.
Auch wenn behauptet wird, "Gut'n Morgen Herr Fischer" sei eine ehrliche und kritische Liebeserklärung Weckers an seine Heimatstadt München, gerät die "bairische Anmutung" für Nichtbayern zur bayerischen Zumutung. Freuen wir uns dennoch mit dem Liedermacher, denn im Studio hat er "noch nie so eine Riesenfreude gehabt wie in diesen Tagen". Das wiederum glaub' ich gerne.
5 Kommentare mit einer Antwort
wieso wird dann so ne musik besprochen . die passt nun wirklich nicht hierrein.
@placebo (« wieso wird dann so ne musik besprochen . die passt nun wirklich nicht hierrein. »):
Erstens wirst Du ja nicht gezwungen, Dir die Rezi durchzulesen.
Zweitens wirst Du nicht gezwungen, Dir die CD anzuhören.
Und drittens reden wir hier von Konstantin Wecker
Gruß
Skywise
@placebo (« wieso wird dann so ne musik besprochen . die passt nun wirklich nicht hierrein. »):
achso. sorry, dass wir nicht wissen, was hier reingehört und was nicht.
@Alex (« @placebo (« wieso wird dann so ne musik besprochen . die passt nun wirklich nicht hierrein. »):
achso. sorry, dass wir nicht wissen, was hier reingehört und was nicht. »):
der mann hat mitte der 70er eines der geilsten deutschsprachigen alben abgeliefert; das absolut frivol-verschwitzte und e.a.poe-morbide "die sadopoetischen gesänge"-werk.
wer so etwas kann, gehört hier rein!
wer sowas kann, dem gehören allerdings auch ein paar erweckende schläge in die fresse verpasst, wegen der unverschämten selbstunterforderung seit mindestens 10 jahren.
"dem gehören allerdings auch ein paar erweckende schläge in die fresse verpasst"
Der Anwalt war ja früher richtig krass drauf!