laut.de-Kritik
Konsequente Weiterentwicklung in Richtung Mainstream.
Review von David MaurerFans und Kritiker beäugen die Band aus dem kalifornischen Bakersfield schon seit Jahren skeptisch. Zu sehr haben sich Korn angeblich vom Stil ihrer legendären ersten Platten entfernt. "The Path Of Totality" spaltete 2011 das Korn-Fanlager endgültig. Die beherrschenden Dubstep- und Electro–Elemente funktionierten in einzelnen Songs noch wunderbar. Auf Albumlänge war es aber eher anstrengend, Sänger Jonathan Davis dabei zuzuhören, wie er versuchte, mit seiner Stimme gegen das Geballere von Produzent Skrillex anzukommen.
Zwei Jahre später wollen die Väter des Nu Metal zu ihrem ursprünglichen Sound zurückfinden. Das kommt einem aus den letzten Jahren doch irgendwie bekannt vor, oder? Wie dem auch sei, für die übliche Back-to-the-roots-Nummer kehrt jedenfalls Brian Welch, Gründungsmitglied und ehemaliger Gitarrist, zurück zur Band. "Take A Look In The Mirror" war sein letztes gemeinsames Werk mit Korn, bevor er 2005 ausstieg, um ein christliches Leben zu führen. Nun meldet er sich zurück.
Das klingt anfangs verdammt gut: "Prey For Me" legt im imposant los. Welch und Shaffer penetrieren ihre Gitarrensaiten und sorgen zusammen für ein brachiales Intro. Auch Davis zeigt sich am Mikrofon in guter Form. Ruhigere Strophen, ein krachender, aber eingängiger Refrain und sogar ein Hardcore-Part erinnern an frühere Werke.
Vielversprechend geht es weiter: "Love & Meth", eine der beiden Single-Auskopplungen, überzeugt mit einer Mischung aus erneut ruhigeren Tönen, Hardcore-Vocals und dezenten elektronischen Einflüssen. Auch in "What We Do" geht das Konzept von starkem Intro und melodischem Refrain auf.
Zu schnell aber wiederholt sich diese Struktur. Lied für Lied feuern einem Korn einen krachenden Einstieg um die Ohren, nur um danach alles wieder auf Zimmerlautstärke herunterzufahren. Nur selten erhalten sie die Power des Einstiegs über die komplette Songlänge aufrecht ("Paranoid And Aroused"). Es scheint fast so, als dürften sich Welch und Co. nur in Intro, Pre-Chorus und Bridge richtig austoben und müssten danach wieder Platz machen für Davis' teils arg zurückhaltenden Gesang.
Bestes Beispiel dafür liefert "Punishment Time": vielleicht der gelungenste Beginn auf dem Album, bevor Davis dem ganzen Stück dann mit fast schon nervigem Singsang den Wind aus den Segeln nimmt. Besser macht es "Never Never", das sich immerhin von Anfang an als gefällige Radiorock-Nummer entpuppt. Zwei Songs, die besser in den Sportschau-Abspann am Samstagabend als auf ein Korn-Album passen.
Schon in "Prey For Me" erkennt Davis: "I'm just a shell of what I used to be." Treffender hätte man es nicht beschreiben können. Die Worte, die aus seinem Mund kommen, erscheinen ebenfalls wie leere Hüllen. Nicht, dass die Texte schlecht wären. Dem Gesang aber fehlen über weite Strecken die Wut und Aggressivität, die die gefeierten Werke der Neunziger auszeichneten. Zeilen wie "Evil disease / all the hatred it breathes / As I'm down on my knees torn apart" wirken gekünstelt, ohne die Emotionen wiederzugeben, die darin stecken sollten.
Dass den Texten auch an weiteren Stellen die Glaubwürdigkeit fehlt, liegt aber bestimmt nicht an den Millionen auf dem Konto und den Pornodarstellerinnen im Ehebett. Vielmehr hat man das Gefühl, dass Davis im Laufe der Jahre einfach die Puste ausgegangen ist. Wenn er "I'm sleeping on a bed of nails / They're breaking through one at a time / 'cause every little move I make / The punishment's mine" daherträllert und dazu auch noch ordentlich an der Stimme gewerkelt wurde, klingt das fast schon lächerlich. Neben den ersten drei Stücken zählen "Mass Hysteria" und "Victimized" noch zu denjenigen, in denen Davis am ehesten überzeugt. Diese fünf Tracks markieren eindeutig die Highlights der Platte.
Eigentlich schade: Am Ende bleibt ein höchstens mittelmäßiger Eindruck. In "The Paradigm Shift" stecken viel Potenzial und starke Ansätze. Krachende Riffs und einige stets passende, dezente elektronische Einflüsse sorgen für ein oft gewaltiges Soundgerüst. Auch wenn das Album einige gute Songs bietet und durchaus seine Stärken besitzt – auf voller Länge klingt es einfach zu eintönig und zu gefällig.
Wirklich zurück zu den Wurzeln gehts auch diesmal nicht und wahrscheinlich auch nicht beim nächsten Anlauf, so es den denn geben wird. Nachdem der Vorgänger noch für hitzige Diskussionen sorgte, versuchen Korn jetzt wohl, es mit dem poppig angehauchten "The Paradigm Shift" allen irgendwie recht zu machen. Ob das wirklich die bessere Lösung bietet, muss jeder selbst entscheiden.
Einen Paradigmenwechsel, wie ihn der Albumtitel groß ankündigt, bietet die Platte bestimmt nicht, eher eine konsequente Weiterentwicklung in Richtung Mainstream. Nach elf Studioalben ist es für die Band, die im Laufe der Jahre einiges an Strahlkraft verloren hat, deshalb vielleicht einfach Zeit, Schluss zu machen.
22 Kommentare mit 11 Antworten
KoRn entwickeln sich weiter in Richtung Mainstream? Aha. Was waren sie denn vorher? Underground oder wie?
Ich hör grad ins Album rein. Klingt ganz gut, aber irgendwie wirkt das Ganze nach X Versuchen und gefühlten zehn Rückbesinnungen auf die Anfangsalben nur noch schal.
Korn III war noch ein verdammt geiles Album, aber seitdem gehts steil bergab mit den Herren.
Live immerhin noch eine Macht^^
David Maurer, wie kannst Du schreiben dass die Band Schluss machen sollte? Bands wie ZZ Top, ACDC, die Stones und und und sind doch auch noch da. Und da kommt auch nix dickes mehr. Dies war ein Satz den korn-Fans sicher nicht gerne lesen. Die Meinung über das Album kann man ja nachvollziehen, aber erst 3 Sterne geben und dann fordern dass die Band Schluss machen sollte ist doch total paradox. Ich wäre ja gern mal CD-Kritiker bei euch. Hier und da paar persönliche Meinungen und dumme Sprüche bekomm ich auch noch zusammengeschustert.
Komische Review. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, der Autor hat geradezu versucht die neue Platte schlecht zureden, weil er die Band aus persönlichen Gründen nicht leiden kann.
Was ich auch nicht verstehe ist bei 3 Punkten und mehreren dennoch gelobten Songs eine Auflösung nahezulegen. Egal.
Ich persönlich finde, dass hier endlich mal die Elektronik vernünftig eingebunden wurde und diese nicht zu dominant die Songs bestimmen. Das gelang auf den Vorgängern nicht immer. Außerdem hat man viele alte Puzzleteile recht gekonnt und harmonisch in die heutige Zeit zusammengebastelt. Von daher denke ich, dass das Ergebnis sicherlich nicht jetzt ein Meilenstein in Sachen Kreativität ist, aber definitiv zu den überzeugenderen Releases im Bereich Hard'n'Heavy gehört die das Jahr 2013 zu bieten hat. Ein vierter Stern hätte ein objektiverer Autor sicherlich vergeben können. Und die typische Kornstruktur melodische Refrains gepaart mit harten Riffs sind doch nun auch nicht verkehrt. Wer was anderes will soll sich Blackmetal oder Hardcorepunk suchen. Ich kritisere auch nicht Ghostface Killah dafür, dass seine Alben HipHop-lastig sind.
schlechtestes kornalbum nach the pathe to totality
Zum Glück haben sie nach diesem Album nicht schluss gemacht. Die Zeile mit der "konsequenten Entwicklung Richtung Mainstream" ist schon sehr lustig. Eher ging es immer weiter zurück und nun wieder ein Stück vorwärts - von daher passt der Albumtitel irgendwie schon.
Das Album ist ziemlich rund und knackig. Nach KoRn III und Path of Katastrophality der logische Mix.
Mit "Never Never" und "Lullaby for a Sadist" zudem zwei poppige Tracks als Ergänzung dabei - das Nevermind-Prinzip eben. Mein Favorit ist "What We Do" - typisch KoRn einfach.
Von mir gibt`s - auch dank etwas vergangener Zeit und damit etwas Überblick im Nachgang - knapp 4 Sterne, auch weil die beiden Nachfolger jeweils ein Stück besser sind.