laut.de-Kritik

Thrash-Suppe mit Schmalz: Gib dem Ork Zunder!

Review von

Die Welt ist aus den Fugen geraten. Terror und Krieg, wohin das Auge reicht. Einfache Erklärungsmuster schlagen fehl. Westliche Werte existieren als freiheitlich-demokratische Grundsätze und als Exporte von Heckler und Koch.

Mille Petrozza ist kein Mann einfacher Erklärungen aber einer, der seinen Fans Botschaften voller Inbrunst entgegenschleudert. Er fasst die zahlreichen Konflikte, Scharmützel und Kriege, die weltweit grassieren, als "World War Now" zusammen und trifft damit ins Schwarze. Auch wenn Kreator auf den Begriff "Terror" ein Patent zu haben scheinen, liegen sie richtig, dass in unsicheren Zeiten vor allem rechte und menschenverachtende Ideologien verfangen.

Feuer für den Hintern, Melodien für die Ohren: Auf "Gods Of Violence" lotet die deutsch-finnische Thrash-Institution die Extreme noch weiter aus. Einerseits gehen sie knüppelhart zu Werke und bewegen sich härtetechnisch auf dem Niveau des räudigen "Hordes Of Chaos" und der nackenspaltenden Frühwerke.

Doch der 49-Jährige steht sowohl auf zerschlissene Jeans als auch auf Spandex-Hosen: Die auf "Phantom Antichrist" dezent eingestreuten klassischen Metal-Parts fließen gleichwertig ins blutige Soundbild ein. Der Abschluss "Death Becomes My Light" ist mehr NWOBHM als Bay Area-Thrash. Gerade auf die musikalischen Blaupausen der Maiden-Epen "The Rhyme Of The Ancient Mariner" und "Phantom Of The Opera" besinnt sich Mille ein ums andere Mal.

Der mythologische Anstrich vieler Lyrics, zahlreiche hymnische Refrains und einprägsame Doppel-Leads rücken die Thrasher in die Nähe des Power Metal. Bei vielen Refrains sieht man förmlich Hansi Kürsch (Blind Guardian) dem Auenland entsteigen und dem Ork Zunder geben. Ob das nicht zuviel Schmalz in der Thrash-Suppe ist? Den Mut, Neues zu probieren, muss man aber honorieren. Ohne die Experimente der Neunziger wäre ein zweiter Frühling mit "Violent Revolution" auch nicht möglich gewesen.

Live dürften die neuen Tracks ordentlich abgehen. Einen Weltklasse-Gitarristen wie Sami Yli-Sirniö, der fantastisch soliert und tolle Melodien kreiert, lässt Mille entsprechend zur Geltung kommen.

Die zahlreichen Kooperationen mit Fleshgod Apocalypse, die für die bombastischen Klassik-Parts verantwortlich zeichnen, Dudelsack-Spieler Boris Pfeiffer (In Extremo) und dem eidgenössischen Barden Dagobert, der in "Fallen Brother" ein Gedicht rezitiert, gehen als coole Neuerungen durch, bleiben im ansonsten fetten Bogren-Mix aber leider unterrepräsentiert.

Den nationalen Thrash-Thron haben sich die Essener mit dem 2001-Paukenschlag "Violent Revolution" zurückerobert und mit dem folgenden drei bärenstarken Releases zementiert. Nun geben sie auch international den Ton an und stellen gemeinsam mit Testament das Duo Infernale des Thrash-Metal, gegen das die jüngsten Releases der Genre-Könige Slayer und Metallica nicht anstinken können.

Trackliste

  1. 1. Apocalypticon
  2. 2. World War Now
  3. 3. Satan Is Real
  4. 4. Totalitarian Terror
  5. 5. Gods Of Violence
  6. 6. Army Of Storms
  7. 7. Hail To The Hordes
  8. 8. Lion With Eagle Wings
  9. 9. Fallen Brother
  10. 10. Side By Side
  11. 11. Death Becomes My Light

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