laut.de-Kritik
Authentischer Dealer-Rap, der Spaß macht.
Review von Florian Peking"Ein Code, eine Zahl, eine Gang, ein Verein." Mit diesen Worten eröffnet Gzuz das neue Album seiner Labelkollegen LX & Maxwell. "Obststand" ist der neueste Streich aus dem Hause 187 und setzt den Trend der bisherigen Releases nahtlos fort. Die Mitglieder der 187 Strassenbande machen sich nichts aus Solo-Projekten und Egotrips, hier zählt immer das komplette Team. Nachdem er aus dem Knast kam, durfte erst einmal Gzuz zusammen mit Bonez auf "High & Hungrig" ran, danach veröffentlichte die vereinte Bande sogar einen kompletten Sampler. Dieser Ansatz ist einer der Gründe, warum die Musik der Hamburger so erfrischend und unverbraucht daher kommt.
Was LX & Maxwell vermitteln, ist ein Lifestyle: Die Rapper zeichnen ein geschlossenes Bild ihrer Gang als Familie. Sie verbringen ihren Alltag gemeinsam und halten zusammen, egal was kommt. Die Hamburger interessieren sich wenig für den Rest und machen ihr eigenes Ding. Das spiegelt sich auch in der Featurewahl wider: Die Gastbeiträge stammen ausschließlich aus dem engsten Umfeld der 187ers. Mit dieser Herangehensweise hat sich das Kollektiv längst ein eigenes Standing in der Szene erarbeitet.
Und das völlig zurecht, wie auch "Obststand" beweist. LX & Maxwell gelingt der eindrucksvolle Spagat zwischen Glaubwürdigkeit und Humor. Dabei ist die augenzwinkernde Drogen-Metapher im Albumtitel nur der Anfang. "Es ist Zeit für 'ne fruchtige Ernte, unser Kush funkelt wie Sterne." Die Jungs rappen harte Punchlines und aggressive Kampfansagen, nehmen sich jedoch nicht allzu ernst, so dass ihre Attitüde zu keinem Zeitpunkt verkrampft oder gewollt klingt. LX & Maxwell wirken zwar kredibil und gefährlich, im gleichen Zug aber auch nahbar und herzlich. Was herauskommt ist authentischer Dealer-Rap, der Spaß macht.
Die Raptechnik der "Obsthändler" passt dabei perfekt, zu dem Ansatz, den sie verfolgen. Jeder von ihnen "weiß wie man rappt, seit 2006." Hier gibt es Straßenrap ohne Gimmicks. "Wo hört Gangsta Rap auf, wo fängt Gangsta Rap an?" fragt Bonez MC auf "Gangsta Rap". LX & Maxwell wissen darauf nicht nur die Antwort, sondern biegen sich das Genre so zurecht, wie es ihnen passt. Zwar sind die Themen stets simpel und eindimensional, doch verpacken die Rapper sie durchweg unterhaltsam. Mit einer beeindruckenden Leichtigkeit flowen sie über die Beats, reißen ellenlange Doppelreimketten, nur um diese am Ende in einer ignoranten Phrase aufzubrechen: "V8 AMG, ich lass' die Reifen drehen, ich lass die Reifen drehen!" ("Wieso?!")
Soundtechnisch geht das Duo immer nach vorne. Die Interpreten sind hungrig und das hört man ihnen an. Mit ihrer simplen Auf-die-Fresse-Herangehensweise erinnern sie an den Gangstarap der frühen 2000er, wie ihn beispielsweise ein Bushido geprägt hat. Gleichzeitig klingt ihre Musik zeitgemäß, woran auch Produzent Jambeatz einen starken Anteil hat. Von modernem Trap-Brett ("Wir Gehen Hoch!!") bis zum klassischen Synthie- oder Sample-Banger ("Wieso?!") bastelt er einen kohärenten Sound, der einheitlich klingt, zur Bande passt und ihre eigene Identität unterstreicht.
Auch die Gastbeiträge fügen sich meist gut in dieses Gesamtbild ein. Hook-König Bonez MC liefert wieder aberwitzige Refrains ("Krank!"), während Aggressor Gzuz pure Kraft auf den Takt spuckt ("Haifisch Nikez"). Nur Capuz und Bozza passen nicht ganz in das stimmige Soundbild und auch Sa4 hat seine Probleme, mit dem gewitzten Charme von LX & Maxwell mitzuhalten. Ansonsten harmoniert die ganze Bande miteinander, vor allem stimmlich. Es scheint fast so, als hätte sich der Team-Gedanke auch im gemeinsamen Aufnahmeprozess niedergeschlagen.
Wenn nicht gerade "Erntezeit" und somit der Terminkalender voller "Geschäfte" ist, wenden sich LX & Maxwell den schönen Seiten des Lebens zu. Sie stehen auf coole Treter ("Haifisch Nikez"), Frauen und natürlich Gras. "Wir sind high und kommen öfter mal zu spät." Die Rapper geben Einblicke in eine Lebenswelt, die ebenso bedrohlich, wie spaßig wirkt. Eines ist sie aber in jedem Fall: unterhaltsam. Durch die nahbare und schnörkellose Darstellung ihres Lifestyles wissen die Hamburger zu faszinieren. Mit einer lupenreinen Hip Hop-Attitüde, die sogar bis zum Sprayen reicht, rundet die 187 Straßenbande ihre stimmige Ästhetik ab.
Schon mit ihrem "Sampler 3" etablierten sich die 187ers als feste Größe in der Szene. Nach "Obststand" von LX & Maxwell ist klar: So schnell werden wir sie auch nicht los. Danke ihrer eigenwilligen, aber stilsicheren Musik können sich die Hamburger neben den Azzlackz und Alles Oder Nix Records als weitere innovative Straßenrap-Macht in Deutschland festsetzen. Der "Obststand" überzeugt durch die erfrischende Mischung aus roher Energie und Augenzwinkern an den richtigen Stellen. Die kurzweilige Platte, die bewusst auf thematische Aussetzer, wie kitschige Liebessongs verzichtet, bietet eine willkommene Abwechslung zum hiesigen Rapgeschehen, die absolut nötig ist. Warum? "Weil auf euer'n Lutscher-Rap keiner Lust hat!"
18 Kommentare mit 14 Antworten
Auf Dauer halt dann etwas eintoenig und zu unspektakulaer. Immerhin knapp gehalten. Kann sich im Endeffekt mit anderen Deutschrapveroeffentlichungen, die ich ja nicht mehr aufzaehlen muss, dieses Jahr noch nicht ganz messen, finde ich.
Als Hamburger freue ich mich sehr für die 187ers, dass sie endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die sieht sich hart erarbeitet haben. Schade dass AchtVier nicht mehr an Bord ist, aber trotzdem ne extrem authentische Bande die ihr Ding immer durchgezogen haben. Nen Track mit Daggi Bee im Video wirds auf jeden Fall nicht geben, es sei denn sie wird im Rudel gebummst.
Und selbst das gäbe noch Airtime auf Youtube.
tracks wie nigga, erntezeit oder jeden tag sind wiedermal fiese biester. insgesamt sehe ich das teil aber nich ganz so stark wie high und hungrig oder den sampler3. frage mich auch wie lange das ganze dann wirklich noch knallt, weil es ja thematisch immer ziemlich ähnlich ist. wundert mich zudem das es über universal kommt. egal, gebe 4/5. allein jambeatz rechtfertigt den kauf!
so jetzt was ganz anderes gemacht:
high und hungrig gekauft
hab keine Ahnung davon. mal sehen
gute entscheidung
ja, für mich bestes album seit dekaden!
lx seit heute in u-haft
Hab endlich mal reingehört. Es geht sehr vielversprechend los, das erste Albumdrittel ist fast ausnahmslos voller Hits, danach wird das höchstens vereinzelt besser als Durchschnitt. Vor allem ist aber "Haifisch Nikez" besonders positiv in Erinnerung geblieben.
Und dann versaut gerade der letzte Track den ganzen Eindruck. Kein Plan, was sie sich dabei gedacht haben. Insgesamt wohl nicht besser als 3/5. Wäre es eine EP mit nur halb so vielen Tracks, hätte ich das Teil wohl besser gefunden. Trotzdem gute Jungs mit genug Potenzial, der Sampler und das Bonez-/Gzuz-Teil stehen auf der Einkaufsliste, vielleicht zünden die beiden Sachen eher bei mir.
high und hungrig?
Ja, genau das meinte ich mit "Bonez-/Gzuz-Teil"
Sehe ich ähnlich, Track 1, (2), 3, 4 und 5 sind mit die Besten auf dem Album. Haifisch Nikez dann nochmal als kleines Aufflackern. Den letzten Track finde ich lustigerweise okay, aber ist schon recht speziell, ja.
high und hungrig ist eine echte Überraschung. hatte ich letztes Jahr nicht auf dem schirm aber dieses Jahr nachgeholt und das taugt von vorne bis hinten