laut.de-Kritik
Der Wolf im Schafspelz auf dem Kriegspfad.
Review von Anastasia HartleibDie eigentliche Frage lautet doch: Womit hat ein so gutes Album ein so fürchterliches Artwork verdient? Die Tags wirken noch deplatzierter als die Schrift, von der Farbkomposition gar nicht zu sprechen. Es wirkt fast so, als wolle Lakmann sein "Fear Of A Wack Planet" in der Masse wacker Rap-Alben verstecken. Wolf im Schafspelz, sozusagen.
Der Wittener führt Krieg. Ganz eindeutig. Sein Gegner: Rap-Deutschland. Zu lange wurde er ignoriert, zu lange hatte nur der Untergrund Liebe für diesen Veteranen. Es ist Zeit für die alles vernichtende Abrechnung. "2016, LAK ist unsichtbar / komm' in die Booth, ich empfange dich mit Fugee-La / du wirst gehört und notiert von der Presse / mein Rap burnt und poliert dir die Fresse." Bereits das Intro pustet alles aus dem Weg: Ein düsteres Brett von Beat untermauert Lakmanns Ansagen so passgenau, dass einem fast schwindelig wird. Wenn so schon die Einleitung klingt, wie soll es dann erst weitergehen? Kann es ein Album geben, das diesem Intro gerecht wird?
Die Antwort: definitiv. "Fear Of A Wack Planet" zeigt eine durchweg düstere Landschaft, das zerwühlte Schlachtfeld eines alternden Mannes, der aber selbst mit zitternden Fingern noch besser trifft als jeder hochmotivierte Schütze der jungen Generation. Song um Song fliegen einem die Ansagen um die Ohren, dass man am liebsten hinter dem Sofa Deckung suchen möchte, in der Hoffnung, dieses Gemetzel unversehrt zu überstehen.
Doch Lakmann kennt kein Erbarmen: "Auferstanden aus dem Staub einer Szene / rausgegangen mit 'nem Haufen Probleme / fass' mich an und du verbrennst an 'ner Supernova / klatsch den Spast an die Wand wie ein Tupac-Poster", spittet er, während das Theremin abwechselnd mit "Posaunen Und Trompeten" versucht, die finster drückenden Bässe in Zaum zu halten.
Und es wird noch düsterer: In "Kann Sie Nicht Mehr Sehen" nimmt uns Lakmann das letzte bisschen Licht. Die wummernden Drums suchen einen Weg durch den dicken, schwarzen Nebel während seine alles durchdringende Stimme zielgenau den Gehörgang trifft: "Ich schick' dich jetzt nach Walhalla / straight über den Jordan, lass' mich kurz mal vorfahr'n / kill' deine Vorfahr'n, mach' dich zum Orphan / und mein Dornenkranz brennt lichterloh / LAK, ich bin Stichflamm' gewohnt."
Wittens Finest killt die Sonne, um uns mit seinem Feuer den Weg zum wahren Messias des Deutschraps aufzuzeigen. Der endet übrigens vor Laks Haustür. Der öffnet grinsend: "Die Scheibe gibts nicht, von der du da so redest / ich komm' mit Erdogan und ärger' dann dein Label / oh yeah, verärger' nicht mein' Penis / mein Pferdepenis / wer ist härter als mein Penis" ("MVP").
Dieses Album scheint Lakmann zu spiegeln. Sein schwarzer Humor unterhält ebenso wie sein bitterer, verächtlicher Abgesang auf die derzeitige Szene: "Sorry, Mama, ich konnte es nicht besser machen / hab' mich angestrengt, irgendwie was selbst zu machen / hat nur gereicht für so Untergrund-Fame / du müsstest mal all die anderen Clowns sehen / Beef hier, Tweef da, Mutter dort / ich bin stolz, du hast mich erzogen, wie man soll / ich roll' mit Fanfaren, schrei' meinen Namen / als wärs wenig, was ich dieser Szene gab." ("Selbe Tradition")
Dass es nicht einen Featuregast gibt, fällt dabei nur positiv ins Gewicht. Dieses Urgestein des Untergrunds braucht sowieso keine Rückendeckung, um einen Kugelhagel zu eröffnen. "Competition heißt nicht sofort ein' dissen / und wenn doch, dann kommt dieser Sport aus Witten / Worte vergiften das Herz und, oh, die Lippen / vom Winde verweht - gehen wir ein paar Schritte / oh, von der Krippe bis zum Kreuz / nächster Reim: Du bist ein Krüppel und ein Toy." ( "Seh Zu Wie Ich Was Schaff")
Doch der "First Draft Pick General" hat es nicht nur auf rappende Toys abgesehen. Die Gesellschaft als solche bekommt ebenfalls ihr Fett weg. Auch hier trifft er mit bitteren Worten direkt ins Schwarze und lässt die Welt in "Universumrapper" wissen, was er von ihr hält: "Sieht aus wie 'n Zoo, in dem ihr hier so lebt / nur etwas größer als die restlichen Gehege, wa / nuklearer Regen, zu viel armes Leben / paar Tsunamis übers Meer, ein paar Erdbeben plus paar Weltkriege, minus Polarkappen / braucht ihr paar Tipps oder wollt ihr das nochmal machen?"
Zugegeben, inhaltlich ist das jetzt nicht die größte je gehörte Bandbreite. Und hängengeblieben ist Lakmann allemal. Vielleicht ist es auch vermessen, sich als "Einer Unter Tausend" zu verkaufen, der den Mund aufmacht. Dazu gibt es zu viele andere Hängengebliebene, die ihrem Frust über die hiesige Szene Luft machen. Doch mit einer derartigen Wortgewalt Ansagen wie "LAK - ich komm' mit der Hook des Todes / was ich mach' - R'n'B unter Hypnose" zu machen, nur um dann im selben Atemzug die eigene Position zwischen Feminismus und Sexismus zu hinterfragen ("Sing Das Falsche Lied"), das ist schon einmalig.
Wenn hinter all diesen böse zuckenden Stichflammen dann im letzten Akt "Gib Mir Nur Einen Grund" der wahre Anlass für seinen Kampf aufflackert, kann man diesen Kerl nur noch lieben: "Nur ein paar Flüchtlinge, und alle wollen raus hier / meine Kids sind draußen und spielen auch hier / noch kein' gesehen, der hier wird wie ein Raubtier / each one teach one - Menschen am Fließband / seh' ich sie an, seh' ich Seelen und kein' Dienstgrad / alles klar, man sieht sich unter Nachbarn / Salam alaikum, das wars von dem Lakmann."
9 Kommentare mit einer Antwort
also mich erinnert das Album-Cover sofort an Gottes Werk & Creutzfelds Beitrag! MEILENSTEIN!
Freue mich darauf, es mir anzuhören. Laki ist einer von den Guten.
mich erinnert das cover eher an jetzt schämst du dich
joah, geht designtechnisch auch klar, nur verstehe ich das artwork als eine art referenz auf sein ur-album.
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das ganze klingt zwar in der tat recht hängengeblieben, aber im vergleich zur restlichen deutschrapszene derzeit wunderbar erfrischend.
Das beste Deutschrap Album des Jahres. Lakmann feier ich schon seit Creutzfeld&Jakob Zeiten. Absolut geniale Oldschool Beats von Orange Field. Läuft bei mir ohne Unterbrechung. Zurecht Album der Woche, für mich ständig gehört 5/5. Finde das Coverart absolut passend und eine gelungene Reminiszenz an Gottes Werk und Creutzfelds Beitrag. Sieht vor allem auf der großen Plattenhülle großartig aus.