laut.de-Kritik

Kalkulierter Meme-Bait für Jamba-Nostalgiker.

Review von

Als Lil Pump 2017 seine ersten viralen Songs veröffentlicht und mit "Lil Pump" ein abstrus erfolgreiches Album vorlegt, wohnt dem Phänomen eine gewisse Magie inne. Da ist dieser völlig ignorante, minderjährige Punk aus Florida, der den Sound seines direkten Umfelds schnörkellos, wenn auch nicht gerade feinsinnig in Musik übersetzt.

Nach der ironisch-ikonischen Partyhymne "Gucci Gang" klingen die Miami-Banger auf "Harverd Dropout" zugunsten von kalkuliertem Meme-Bait ernüchternd handzahm. Es war abzusehen, dass die Mischung aus einem Lil Pump und großen Labelstrukturen nicht besonders viel Sinn ergibt. Was hat man auch davon, jemandem ein großes Produktions-Budget in die Hände zu geben, dessen gesamter Charme durch die Umstände des DIY-Ansatzes erst erblühen konnte? Lil Pump ist weder technisch versierter Rapper noch kompetenter Songwriter. Die Stärken seiner Musik verortete das Team hinter "Harverd Dropout" deshalb in seiner ignoranten Rebellen-Attitüde des Rappers.

Dieser Charakter war auf seinen besten Songs aber stets nur ein Seiteneffekt: "D Rose" oder "Flex Like Ouu" funktionieren vor allem aufgrund der Synergie von repetitiven, Hypeman-esken Hooks und stampfenden, verzerrten Beats. Lil Pumps Persona kristallisierte sich dann in seiner Energie und sehr vereinzelten, absurden Onelinern heraus. Tracks wie "Drop Out" oder "Nu Uh" zeigen nun, dass diese Oneliner 2019 aktiv gesucht werden.

Pump haut dafür alle vier Zeilen irgendeinen Satz raus, der offensichtlich mit aller Gewalt an den Grundfesten des guten Geschmacks rüttelt. "Off-White, alright / White rice / Fortnite / Pew, pew, red light" oder "I sip lean in my classroom / Ask my teacher, 'What that neck do?'" heißt es dann. Das Problem an schnell durchschaubaren Witzen ist, dass sie vorhersehbar sind. Beim ersten "I'm richer than your mom" mag man schmunzeln, beim zehnten Beschwören der eigenen Drogensucht rollt man die Augen. Besonders tragisch ist, wie strikt Pump inzwischen Schockfaktor an Viralerfolg koppelt und nicht merkt, wie gezwungen und anstrengend das klingt. Ähnlich eines Kindes, das irgendeine Reaktion aus seinen Lehrern provozieren will.

Auch musikalisch leistet "Harverd Dropout" weit weniger als sein Vorgänger. In der Quest, Lil Pump zum ultimativ rappenden Cartoon-Charakter hochzustilisieren, wirft man hier alles zusammen, das irgendwie schusselig und nervtötend klingt - perfekt für Jamba-Nostalgiker. Den anstrengenden, aber zielführenden 8bit-Synthesizern auf Songs wie "Boss" fehlt hier der kompromisslose Bass und der Nachdruck. Dafür gibt es deplatzierte Features.

Kanye West hatte auf "I Love It" zumindest ein unterhaltsames Musikvideo an der Hand, aber die Retorten-Migos-Features auf "Fasho Fasho" und "Too Much Ice" sowie uninspirierte Parts von YG und 2 Chainz auf "Stripper Name" langweilen immens. Lediglich Smokepurpp und ein unerklärlich ambitionierter Lil Wayne stechen positiv hervor. "Harverd Dropout" ist das Album, von dem irgendein Marketing-Fuzzi fantasiert haben muss, dass die Kids es brauchen. Aber langfristig funktioniert nichts, was mehr Meme als Musik ist.

Trackliste

  1. 1. Drop Out
  2. 2. Nu Uh
  3. 3. I Love It (feat. Kanye West)
  4. 4. ION (feat. Smokepurrp)
  5. 5. Fasho Fasho (feat. Offset)
  6. 6. Racks On Racks
  7. 7. Off White
  8. 8. Butterfly Doors
  9. 9. Too Much Ice (feat. Quavo)
  10. 10. Multi Millionaire (feat. Lil Uzi Vert)
  11. 11. Vroom Vroom Vroom
  12. 12. Be Like Me (feat. Lil Wayne)
  13. 13. Stripper Name (feat. YG & 2 Chainz)
  14. 14. Drug Addicts
  15. 15. Esskeetit
  16. 16. Who Dat

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