laut.de-Kritik

Die Verstärker glühen wieder.

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Die Verstärker sollen wieder glühen, vielleicht sogar brennen, versprachen Linkin Park im Vorfeld ihres sechsten und diesmal selbstproduzierten Longplayers. Sie halten Wort, freilich ohne die Liebe zur großen Stadionrockgeste zu verleugnen. Nach den gescholtenen Vorgängern "Living Things" oder "Recharged" zeigen Linkin Park, dass sie im Studio auch anders können.

"Keys To The Kingdom" prügelt von Anfang bis Ende im richtigen Mischungsverhältnis aus kompakter Produktion, Aggression, Tempo und Harmonie. Der melancholische Crossover "All For Nothing" mit Helmet-Haudegen Page Hamilton schraubt das Tempo etwas herunter, kommt aber ähnlich stark: Auf die Symbiose von Gitarren, Drums und Computern setzt die Kollabo hymnisch unpeinliche Refrainhooks. Zwei richtig fette Songs gleich zu Beginn der Platte.

"Guilty All The Same (feat. Rakim)" bleibt im Bild bzw. behält Riffwand sowie knüppelnde Drums bei, obgleich die erste Hälfte des Songs zu pathetisch gerät. Rakims Part sowie Intro- und Outroriffs packen dagegen kompromisslos zu. Den Nacken fest im Griff hat der Posthardcore-Punk "War": schnelle Drums, sich überschlagende Vocals, Bass, Gitarren, verzerrtes Solo.

Was in "Guilty The Same" angelegt ist, zeigt dann "Wastelands": Linkin Park wandeln auf "The Hunting Party" stets auf einem schmalen Grat zwischen diesen bewusst eingesetzten Emo/US-Rock-Harmonien und andererseits harschen Riffs und knallenden Grooves. In dieser Logik bleibend kommt der Vorabtrack "Until It's Gone" viel zu pathetisch, die Stophenmelodien könnten vermutlich in jedem dritten Song eines beliebigen Popcharts-Formatradios auftauchen. Andererseits fährt das Gitarrenthema im Intro, das auch als Bridge und im Outro auftaucht, mit Synthie-Unterstützung richtig dick auf.

"Rebellion (feat. Daron Malakian)" legt im Sinne des eingangs erwähnten Versprechens los, man nennt es wohl Alternative-Metal. Das akustisch gehaltene Instrumental "Drawbar (feat. Tom Morello)" ist die experimentellste Nummer der Scheibe. "Final Masquerade" beschreitet dann erneut besagten Grat zwischen Pop- und Rockband.

Chester Bennington erweist sich als guter Sänger im technischen Sinne. Stimmlich bleibt er etwas farblos. Für Rapper Mike Shinoda gilt dasselbe - da machen die ausgeklügelten und auf Dynamik angelegten Arrangements der Band um einiges mehr her.

Brad Delson und Shinoda erledigen an den Gitarren einen blendenden Job, die "The Hunting Party"-Riffs spielen in der vorderen Liga des Alternative-Zirkus mit. Rob Bourdon arbeitet sich variabel durch die zwölf Nummern - er soll als besserer Drummer aus dem Studio heraus gekommen sein, liest man. Kein Wunder bei dem Arbeitspensum. Sein Kit könnte zuweilen vielleicht etwas weniger trocken abgemischt sein.

Dennoch ist über Albumlänge kein richtiger Ausfall auszumachen, was letztlich daran liegt, dass in jedem der zwölf Tracks - selbst in denen, die man weniger mag - genügend Ideen stecken, um abwechslungsreich zu bleiben und vor allem den Spannungsbogen immer aufrecht zu erhalten. "The Hunting Party" sollte die Hoffnungen der Fans nicht enttäuschen.

Trackliste

  1. 1. Keys To The Kingdom
  2. 2. All For Nothing (feat. Page Hamilton)
  3. 3. Guilty All The Same (feat. Rakim)
  4. 4. The Summoning
  5. 5. War
  6. 6. Wastelands
  7. 7. Until It's Gone
  8. 8. Rebellion (feat. Daron Malakian)
  9. 9. Mark The Graves
  10. 10. Drawbar (feat. Tom Morello)
  11. 11. Final Masquerade
  12. 12. A Line In The Sand

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18 Kommentare mit 24 Antworten

  • Vor 10 Jahren

    Besser als die letzte, sind aber immer noch weit von Hybrid oder Meteora entfernt. Schade.

  • Vor 10 Jahren

    eine glatte 3....rappelt, scheppert, ist böse, wohl komplett kalkuliert, recyclet und trotz Rotz teilweise seltsam bieder. Trotzdem irndwie geil. hmmm...

  • Vor 10 Jahren

    Ich finde es immer begrüßenswert, wenn eine Band neue Wege einschlägt. Sonst hätte Genesis niemals den Mainstrem erreicht, Nick Cave niemals Kultstatus erreicht, Archive nie zu sich selbst gefunden. Radiohead keinen Klassikerstatus, Depeche Mode wären immer noch eine Boyband aus den 80ern. Etc. pp. Allerdings, wenn deren Alleinstellungsmerkmal leidet, anstatt sich weiter zu entwickeln, finde ich das eher schwach. Als Beispiel neben Linkin Park seien MUSE genannt, die inzwischen als beste Queen-Coverband aller Zeiten durchgehen, allerdings eigene Nuancen vermissen lassen. Ich habe die Experimente der letzten Alben sehr begrüßt, allerdings freue ich mich noch mehr darüber, dass sie schlussendlich doch versuchen, Meteora, Teil 2 zu machen. Guter Schritt in die richtge Richtung. Denn die, die bei ihrem Schtick geblieben sind, waren auch bis dato die erfolgreichen. Freut mich, dass sie es immer noch können. Kein Meilenstein, aber solide Basisarbeit. So ist es mir eigentlich am liebsten.