laut.de-Kritik
Unterhaltsame Reise durch folkig poppige Landschaften.
Review von Kai ButterweckIm Spätsommer 2010 katapultierte sich Lissie praktisch über Nacht in den Fokus der internationalen Folk-Pop-Gemeinde. Mit ihrem Debütalbum "Catching A Tiger" schien die aus Illinois stammende Sängerin alles richtig gemacht zu haben. Es folgten diverse Award-Nominierungen, hohe Charts-Platzierungen und die öffentliche Gier nach mehr. Doch Lissie zog sich erst einmal zurück. Statt die Massen mit einem schnell produzierten Nachfolger zu bedienen, nahm sie sich Zeit. Zeit, um als Künstlerin zu reifen und Zeit, um einen perfekten Anschluss zu finden.
Um es vorweg zu nehmen: Das lange Warten hat sich gelohnt. Bereits das tanzwütige Einsteiger-Duo ("The Habit", "Further Away (Romance Police)") überzeugt mit akzentuierten Drums, harmonischen Background-Chören und charmanten 70s-Disco-Vibes, ehe sie auf "Shameless" erstmals die Krallen ausfährt. Der Übergang von Pop zu Rock funktioniert reibungslos.
Dreieinhalb Minuten später tritt die Bardin plötzlich abrupt auf die Bremse und umgarnt den Hörer mit intensiven Emotionen ("They All Want You"). Im Vordergrund steht Lissies rauchzartes Organ, das bisweilen an das der pubertierenden Marianne Faithfull erinnert. Zarte Piano-Klänge stehen der Amerikanerin zur Seite. Sie braucht nicht viel, um große Gefühle entstehen zu lassen.
Doch die Blondine ist auch ein Teamplayer. Da wäre beispielsweise "Cold Fish", ein Song, bei dem sich der Background mit Nachdruck ins Rampenlicht schiebt. Akustische Gitarren wechseln sich mit angezerrten Kollegen ab und laden zum Rock'n'Roll-Spaziergang durch die staubige Landschaft entlang des Mississippi.
Auch der klassische Americana-Schunkler "I Bet On you" und das zweigeteilte, fast schon hymnenhafte "I Don't Wanna Go To Work" vereinen Gesang und Background zu einem runden Ganzen und präsentieren sich zudem als Paradebeispiele für abwechslungsreiches Songwriting.
Anders als ähnlich gestrickte Branchen- Größen, stellt die Amerikanerin spielend leicht eine gehaltvolle Verbindung zwischen ihrer Ausnahmestimme und dem musikalischen Treiben her. Zwar hält die Sängerin die dicksten Strippen in der Hand, doch sorgen detailliert arrangierte Einschübe ihrer Mitstreiter für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Spotlight und Hintergrund.
Den erhabensten Moment hebt sich Lissie dann für den Schluss auf ("Back To Forever"). Ähnlich aufwühlend wie eine gute Viertelstunde zuvor ("They All Want You"), webt die Sängerin eine berührende Harmonielinie an die nächste und beendet so eine durch und durch unterhaltsame Reise durch folkig poppige Landschaften, die man immer wieder gerne aufs Neue antritt.
4 Kommentare mit einer Antwort
Jawohl, das Album ist klasse!
Da hatte ich mir im Vorhinein nicht zuviel erhofft, wirklich ein großes Hörvergnügen. Bin mir noch nicht ganz schlüssig, ob ich "Catching A Tiger" besser fand, aber einen Leistungsabfall gibt's sicherlich nicht festzustellen.
"Back To Forever" war für mich zwar kein großes Album-Highlight, aber sei's drum. Die Rezension geht klar.
(Und mit "Back To Forever" meine ich den Song.)
Jo, nach dem Hören kann ich mich der Meinung anschließen. Eine sehr schöne Mischung mit ein paar tollen Highlights.
Das Album ist der absolute Hammer. Catching a Tiger war klasse, Back to Forever ist noch ein klein wenig besser.
Gerade erst entdeckt. Eine tolle Stimme und eine abwechslungsreiche Song-Mischung. Und die eher Gefühlsvollen Songs wirken auch nicht kitschig, was auch der kraftvollen Stimme geschuldet ist.