laut.de-Kritik
Ein Konzert wie ein monströser Clubabend.
Review von Eberhard DoblerJonas Akerlund, der im vergangenen Jahr den Doku-Tour-Streifen "I Am Going To Tell You A Secret" zusammenschnitt, hält nun ein komplettes Londoner Live-Konzert der Ciccone im Rahmen der letztjährigen Tournee fest. Insofern stellt sich schon die Frage, weshalb man nur sieben Monate nach einer Live-DVD schon wieder die nächste kaufen soll? Eine Antwort: Akerlund versteht es meisterlich, ein Tour-Konzert wie ein einzigartiges Erlebnis aussehen zu lassen.
24 Städte besuchte Madonnas Tross 2006. Achtmal hintereinander trat sie in der Londoner Wembley Arena auf, sechsmal im New Yorker Madison Square Garden. Klar wurde dabei: In Sachen Inszenierung muss der Wahl-Britin niemand Vorträge halten. Doch auch musikalisch ist die 49-Jährige im Pop-Geschäft eine Art Trendsetterin für den Mainstream. Dank zahlreicher Metamorphosen erschloss sie sich neues Publikum - das alte blieb ihr dennoch gewogen.
Angesagten Popsternchen wie Britney Spears zeigt sie mit tatkräftiger Hilfe der Sound-Visionäre Mirwais und Stuart Price seit Jahren, wer hier den Hosenanzug an hat - besagte Girls blicken dafür noch immer zu ihr auf. So lässt sich Madonna zu Beginn der Show auch folgerichtig in einer überdimensionalen Diskokugel zu uns herab - und beginnt ihr makelloses, fast schon überhöhtes Spiel.
Der Schwede Akerlund lässt Madonna über die Spielzeit von zwei Stunden mit den Bühnen-Visuals verschmelzen, fügt einige Effekte hinzu (etwa Slow Motion, Verdopplungen oder 3D-Illusion) und spuckt das Live-Konzert am Ende als eine Art überlanges Musikvideo aus. Die Vollbedienung in Sachen Live-Visualität.
Natürlich fehlt hier weder die umstrittene Lichtkreuz-Performance noch die Erinnerung an die 12 Millionen Aidswaisen Afrikas ("Confessions"). Und wenn sich zwei der muskelbepackten Tänzer, einer mit dem Davidstern, der andere mit dem Halbmond auf den Oberkörper gemalt, an den Händen halten, bekommt das Ganze noch eine Note des Aufbegehrens gegen herrschende Verhältnisse. Ohne die Themen Afrika und Naher Osten geht es bei Madonna heute nicht mehr.
Was das Sound-Material angeht, bringen Madonna und Konzertmeister Price, der gleich bei "Future Lovers" an der Synthie-Konsole ins Bild kommt, wieder erstklassigen Hi-Tech an den Start. Treibend straighte Elektro-Beats, mächtige Bässe, ausladende Synthie-Flächen und perlende respektive fiepende Keys, deren Wirkung durch prägnante Akzentuierungen, Steigerungen und Breaks verstärkt wird: Ein Madonna-Konzert kommt heute einem monströsen Clubabend gleich - trotz vier Live-Musikern, zwei Background-Sängerinnen und tausender Fans.
Highlights sind hier "Like A Virgin 2006" mit einer veränderten Basslinie (modern und doch wie vor 20 Jahren) oder der in einer verzerrtem Beat-Version dargebotene Knaller "Let It Will Be". Zuweilen hält auch der R'n'R-Faktor Einzug. Mit dieser Backline sieht Madonna auch an der Rock-Gitarre gut aus ("I Love New York", "Ray Of Light"). "Music Inferno" (ein "Music"-Remix) präsentiert sich als echter Filter-Diskohammer.
Zum Finale lassen die Arrangements von "Lucky Star" in Richtung "Hung Up" abheben, bevor sich die Single-Hymne des aktuellen Albums "Confessions On A Dance Floor" entlädt - 70er-Disko fürs 21. Jahrhundert, keine Frage.
Insofern kann man auch getrost zur DVD/CD-Version des Konzerts greifen, die zuätzlich mit einer Live-Audio-CD (13 Tracks) ausgerüstet ist. Zumal die kurze DVD-Bonus-Ecke nur für Tanz-Interessierte einen Mehrwert bietet. Hier erfährt man, wie akribisch vorbereitet eine akrobatische Show solchen Ausmaßes sein muss.
1 Kommentar
Ich habe es mir vor ein paar Tagen gekauft. Die Remixe sind wirklich sehr gut gelungen, besonders "Music Inferno". Im Ganzen eine perfekte Inszenierung.