laut.de-Kritik

Die nahezu perfekte Melange aus Rock-Folk und Pop.

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Anfang 30, frisch gebackener Vater, stolzer Vollbartträger: Andy Hull ist eigentlich ein glücklicher Mann, wäre da nur nicht die Musik. Die schüttelte der Manchester Orchestra-Sänger bisher nämlich immer dann am effizientesten aus den Ärmeln, wenn sich ihm der Himmel in Atlanta in düsterem Grau präsentierte. Nun scheint aber die Sonne in seinem Dasein, und das tagein, tagaus.

"Ich bin im Leben angekommen. Es mag absurd klingen, aber dieser Zustand hatte auch eine Inspirationskrise zur Folge", gesteht Andy. Was also tun? Wie schreibt man Songs übers Glücklichsein? Gemeinsam mit Catherine Marks, die bereits mit PJ Harvey, Interpol, Foals und The Killers im Studio war, ging die Band die vielleicht größte künstlerische Herausforderung ihrer bisherigen Laufbahn an. Das Ergebnis liegt nun in Form von "A Black Mile To The Surface" auf dem Tisch.

Gleich der erste Durchlauf zeigt: Auch im Grinse-Modus liefern die Herren von Manchester Orchestra beeindruckend ab. Große Melodien treffen auf ausgeklügelte Arrangements. Hoffnung und Glück paaren sich mit Frust und Leid. Wenn Andy Hull zum Finale hin vor seiner Tochter kniet und dabei Dankesgrüße versendet ("Let me hold you above all the misery / Let me open my eyes and be glad that I got her"), will man als Freund der ganz großen Gefühle mittendrin statt nur dabei sein.

Aber auch in der Ferne lauschend fühlt man sich dem hoch emotionalen Treiben ganz nah. Mit der majestätischen Harmonie-Hymne "The Silence" heben sich die Amis das Beste bis zum Schluss auf. Doch keine Bange: Die knappe Dreiviertelstunde davor verdient sich ebenfalls das Prädikat 'wertvoll'.

Egal ob im Rausch zwischen opulent aufbereitetem Indie-Rock und zartem Folk ("Lead SD", "The Grocery") oder auf mystischen Rhythmus-Pfaden wandelnd ("The Wolf"): Alles, das die Band im Sommer 2017 an den Start bringt, hinterlässt große Spuren.

Andy Hull setzt sich bereits nach drei Minuten die Krone auf. Im Dunstkreis von James Blunt und Robin Gibb trällernd, geleitet er das vertrackt bebende "The Moth" in den bandeigenen Hit-Olymp. Der Rest marschiert im Gleichschritt hinterher. Bezirzender Folk-Pop ("The Alien") löst ambitionierten Gitarren-Pop ab ("The Gold"). Dazwischen mimt Andy Hull die fleischgewordene Symbiose aus zart und zarter.

Einzig der etwas monoton vor sich hin dümpelnde Egotrip "The Parts" (Hulls in Hall gebettete Stimme begleiten hier lediglich undefinierbare Sound-Schwingungen) fällt hinten ab. Der Rest klebt fest aneinander und lässt nicht mehr los. Die nahezu perfekte Melange aus voluminösem Rock, zartem Folk und nachhaltigem Pop: Manchester Orchestra haben sie im Gepäck. Applaus! Applaus! Auf dass Andy Hull auf ewig glücklich und zufrieden bleibe.

Trackliste

  1. 1. The Maze
  2. 2. The Gold
  3. 3. The Moth
  4. 4. Lead SD
  5. 5. The Alien
  6. 6. The Sunshine
  7. 7. The Grocery
  8. 8. The Wolf
  9. 9. The Mistake
  10. 10. The Parts
  11. 11. The Silence

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