laut.de-Kritik
Synthies statt Gitarren: Ein Hoch auf die Achtziger!
Review von Kai ButterweckVor genau zehn Jahren sorgten Marathonmann mit ihrem Debütalbum "Holzschwert" für viel Aufsehen in der hiesigen Post-Punk-Hardcore-Szene. Wer die Münchner danach aus den Augen verloren hat und dieser Tage einen Neuanfang mit Studioalbum Nummer fünf wagt, der macht erst mal große Augen. Marathonmann haben sich verändert – optisch und auch musikalisch.
"Das ist Wahnsinn!", schreit Sänger Michael Lettner ins Mikrofon. Recht hat er. Im Titeltrack öffnet sich die Tür in ein neues, neonfarbenes Sound-Universum. Die sonst so röhrige Verzerrung wird eingetauscht gegen eine synthielastige Wall of Sound. Gepaart mit Gitarren aus der Nik Kershaw-Schublade entsteht ein Klangbild, bei dem der Fan von Alben wie "Holzschwert" und "...Und Wir Vergessen Was Vor Uns Liegt" erst einmal kräftig schlucken muss.
Statt der Herren von Frau Potz und Muff Potter tanzen nun Marian Gold und Uwe Fahrenkrog-Petersen vor dem geistigen Auge im Dreieck und spenden Beifall. Alphaville goes Rock – so der so ähnlich könnte man es beschreiben. Im Frühsommer des Jahres 2023 drehen Marathonmann nahezu alles auf links. Die Band feiert die Achtziger – aber nicht den metallischen, sondern den poppigen Part eines Jahrzehnts voller Farben und Gegensätze.
Das geht bisweilen erstaunlich gut ins Ohr. Frontmann Lettner kommt in den beiden flotten Tänzern "Feuer" und "Auryn" mit nachhaltigen Melodielinien um die Ecke. Die Band schließt sich an. Wahlweise angerockt im Bryan Adams-Modus oder wie Alphaville auf Speed sausen Marathonmann in der Zeitmaschine in die Vergangenheit. Das macht bis zur Mitte des Albums auch richtig Spaß. Dann nutzen sich die flirrenden Sphären und die gestapelten Synthiespuren etwas ab.
"Du spürst den Druck, du spürst den Beat, doch es ist immer das gleiche Lied", singt Lettner im Song "Du Bist Die Nacht". Wiederholungen machen sich breit. Eine "Take On Me"-Adelung aus dem Münchner Untergrund kommt nicht schlecht. Aber egal ob flotter ("Du Bist Die Nacht") oder schleppend ("Clock Tower"): Irgendwie hat man irgendwann das Gefühl, die Band dreht sich im Kreis.
Mit der Zuarbeit von zwei Gästen (Lana von Kochkraft durch KMA und Mike von Maffai) kommt noch mal ein bisschen Schwung in die Bude ("Alone In The Dark", "Tie Fighter"). Aber der Knalleffekt bleibt aus. So präsentiert sich am Ende ein durchaus imponierendes Werk, das den neugierigen Hörer zwar nicht auf kompletter Strecke begeistert, aber allein schon für den mutigen Ansatz, sich mal von einer ganz anderen Soundseite zu zeigen, großes Lob verdient.
1 Kommentar
Scheint ja irgendwie 'n Trend zu sein, dass von Punk bis Psot-Hardcore aktuell vermehrt auf Synths gesetzt wird. An und für sich ja ganz spannend, aber bei Marathonmann klingt das halt eher nach Kirmes und geht vollkommen in die Hose.