laut.de-Kritik
Zwischen Familienglück und inneren Dämonen.
Review von Giuliano BenassiSchon rührend, wie sich der Sänger und Songwriter am eigenen Schopf immer wieder aus der Scheiße zieht. 2006 veröffentlichte Mark Olson mit "The Salvation Blues" ein schönes, wenn auch selten deprimierendes Soloalbum, das nach der Scheidung von seiner ersten, an multipler Sklerose erkrankten Frau entstanden war. Anschließend kam es zur Reunion mit Gary Louris und den Jayhawks, die 2012 ein jähes Ende fand, als sich die zwei Frontmänner heillos zerstritten. Seitdem sollen sie kein Wort mehr miteinander gesprochen haben.
Olson zog sich in sein Haus in Joshua Tree am Rande der Mojave-Wüste zurück. Und fand seine Rettung in der norwegischen Musikerin Ingunn Ringvold, die seit 2006 seiner Tourband angehört, und heiratete sie. Gemeinsam veröffentlichten sie 2014 das Album "Good-bye Lizelle", auf dessen Cover sie lächelnd auf dem Rücksitz eines Autos abgelichtet waren.
Auf ihrer zweiten Scheibe treiben die beiden das Konzept mit gelben Blumen im Hintergrund noch auf die Spitze. Passend sülzig klingt der Opener "Dear Elizabeth". Doch tun sich in Olsons Seele nach wie vor Abgründe auf. Zum Glück für den Hörer, was zynisch klingt, aber gerade die Spannung aus der Suche nach Familienglück und den inneren Dämonen macht Olsons Musik aus.
Im Gegensatz zum Vorgänger, der auf Tour mit verschiedenen Musikern entstand, gestalteten sich die Aufnahmen diesmal ausgesprochen einfach: Man blieb zuhause. Zum Teil auf der Veranda, wie ein Foto im Booklet zeigt, aber auch im eigenen Studio.
Wie gewohnt begleitete sich Olson auf akustischen und elektrischen Gitarren selbst. Ringvold lieferte den Begleitgesang, spielte Kanun (eine orientalische Zither) und arrangierte Streicherpassagen auf Mellotron und Chamberlin - sie fügte Olsons klassischem Indie-Folk-Rock das gewisse Etwas hinzu. Später ergänzten Danny Frankel das Schlagzeug und Lewis Keller den Bass. Dank der Arbeit des Tontechnikers und Komponisten John Schreiner ist der Sound trotz der informellen Umgebung erstaunlich klar und differenziert.
Tatsächlich scheint Olson endlich so etwas wie einen Mittelpunkt gefunden zu haben. "Meistens schreibe ich im Freien, unter einer sibirischen Ulme, die einen Hummelstock beherbergt. Hey! Passt auf! Manchmal scheinen die Hummeln mit mir zu reden, manchmal schweben sie über meinem Kopf wie ein Luftschiff, das mein Treiben beobachtet." Ein schönes Bild, das Frieden, gleichzeitig aber auch ein ständiges Summen und Brummen im Hintergrund vermittelt, das die innere Ruhe stört. Und deshalb gut zu Olsons Schaffen passt.
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