laut.de-Kritik
Viel Gras, Spannung und Indianer.
Review von Dani Fromm"Es ist Wahnsinn, Lieder wie diese rauszubringen, weil damit garantiert ist, dass die der anderen NIEMALS so klingen." "Der Sänger Von Björk" spricht wahre Worte gelassen aus: Was Marsimotos bewährter Produzenten-Club für "Grüner Samt" zusammenschraubt, das klassifiziert das Etikett" Wahnsinn" allenfalls höchst unzureichend.
Es rumpelt, pumpt, und knarrt derart mächtig aus den Boxen, dass es eigentlich nur George Clinton per Mothership aus dem übernächsten Jahr herangekarrt haben kann: Hör' mal, Will.I.Am: So klingt next level shit, der diese ausgelutschte Bezeichnung endlich einmal verdient. Es bleibt zum Glück kein Wunschtraum. "Dieser Sound existiert." Dead Rabbit, Nobody's Face, Kid Simius, Robot Koch und The Krauts - sie seien gepriesen.
Wie die ersehnte Erlösung knüppelt der Dub-Reggae-Bass in die schillernd-spacige Spannung des Titeltracks. Murder war gestern, "Out in the streets they call it Marsi." "Endlich wird wieder gekifft. Du hast doch längst vergessen, wie das ist." Hab' ich? Hab' ich vergessen. Egal. Dass THC vergesslich und gleichgültig macht, wird schon einer der Schreihälse, die die bloße Erwähnung des Namens Marsimoto scheinbar zwingend auf den Plan ruft, ausführlich darlegen.
Es findet sich auch sicher immer noch jemand, der Marterias grün dampfendem Alter Ego neben Drogenverherrlichung unbeirrt bloßes Abkupfern bei Madlib vorwerfen will. Meine Güte. Bastelt euch einen Lord Quas, schlagt den Unterschied zwischen Hommage und Kopie nach und lasst euch vor allem endlich mal was Neues einfallen.
Wie das geht, dürfen die ewigen Motzköpfe sich gerne beim Meister abkucken: Marsimoto erweist sich als unerschöpflich sprudelnder Ideenquell. Neben "endlich wieder viel Gras, Spannung und Indianer(n)" beschäftigen ihn der Verbleib der Realness ("Wer malt heute noch den Zug? Alle nur noch Wellness ...") oder das unerfreuliche Schicksal der Wale ("Blaue Lagune").
"All die Geschichten, niemand wills glauben. Wir haben sie gesehen, alle sind wahr." Alles und jeder liefert Marsimoto Stoff. Als "Der Springende Punkt" hüpft er von Todesfall zu Todesfall durch die jüngere Musikgeschichte. "Mein Kumpel Spalding" und supergroovy-fluffige Karibik-Melodien leisten ihm auf seiner kleinen Insel kurz vor Dänemark Gesellschaft.
"I Got 5" bietet Raum für ein bisschen Zahlenmystik. Eine gepflegte Unterhaltung mit dem Milchtopf führt zu ebenso gepflegter Paranoia. Einen vergleichbar drastischen Beat, wie ihn "Alice Im WLAN Land" auffährt, habe ich in den letzten Jahren auch nur bei Panacea gehört. "Man your battlestations."
Der Genuss von "Absinth" induziert lustigen Größenwahn, der sich im unwirklichen, unentrinnbaren Instrumental zerrspiegelt. Flackernde Spielautomatenklänge, verschrobene Orgelsounds, Roboterstimmen, eine großzügige Prise Rummelplatz - alles drin. "Hast du Angst?" Besser wärs, spätestens nach den phantasievoll ersonnenen vielfältigen Horrorszenarien aus "Angst".
Das wirklich Gruselige an dieser Platte: "Mann, ich bin Marsi. Ich weiß alles!" - und sein Schöpfer Marteria kennt alles. Alles. Einfach alles, beileibe nicht bloß die deutsche Rap-Historie. In bisher unerreichter Manier samplet und zitiert er sich einmal quer durch Medienlandschaft, den Kino-Kanon, ach: die gesamte Popkultur.
Keine Zeile, in der keine Anspielung oder Doppeldeutigkeit steckt. Neben Torch, den Beginnern und den Stiebers zieht Marsimoto Luniz' "I Got 5 On It" aus der Kapuze - und damit auch gleich Club Nouveau. Ich wette, ihm ist sogar das todtraurige Waljagd-Szenario vertraut, mit dem - Deckung! - Purple Schulz einst nicht nur Hobby-Umweltschützer zu Tränen rührten.
Darin, eine solche Fülle unterschiedlichster Querverweise zu präsentieren, ohne dabei auch nur einen Augenblick lang verkopft oder verkrampft zu erscheinen, steckt Marsimotos größtes Kunststück. Dafür lässt sich die Helium-schwangere Mickeymaus-Stimme mühelos aushalten. "Ich bin Marsimoto, du hast nichts anderes verdient." Hölle, muss ich brav gewesen sein!
153 Kommentare mit 3 Antworten
Aber das schönste an dem Album ist die Hülle! *streichel*
alvin and the chipmunks auf rap? wer kommt denn auf so einen blödsinn?
5 Punkte für Seeed feat. Papa Schlumpf. Alles klar, Frau Fromm.
boing hat sich direkt mal wieder rar gemacht, wa.. schade.
Gestern lief bei Einslive ein Konzert von Marsimoto und ich hab mich die ersten 3 Tracks lang gefragt, wann dieser Clown mit der Fiepsstimme endlich das Intro fertig hat und Marsi auf die Bühne kommt... bis ich kapiert habe, dass der tatsächlich so ne nervende Stimme hat. Was eigentlich schade ist denn an sich fand ich das gehörte echt nicht schlecht.
seien wir mal ganz ehrlich...quasimoto/marsimoto ist so ziemlich das wackste was hiphop je erlebt hat...schlimmer noch als die jungen jabbler
Da kann ich leider nicht mitsprechen.
Aber Sodhahn du kannst mir sicherlich helfen. Wie heisst dieser deutsche Doubletime Rapper? Der ist quasi dafür bekannt schnell rappen zu können. Ich hab vergessen wie der heisst.
Leute Marsimoto ist Marteria und der hat nicht so eine Stimme. Finde die Tracks Mega cool, egal ob Lyrics oder der mega Bassline. Rockt