laut.de-Kritik
Must-Have für R'n'B-Fans, aber ohne Innovationen.
Review von Philipp KauseMary J. Blige, im Promo-Text als "erfolgreichste R'n'B-Künstlerin der letzten 25 Jahre" angeteast, setzt "Strength Of A Woman" fort, denn erneut geht es um Stärke und Abgrenzung, und die entfaltet sich in upliftenden Texten auf angenehm ausbalancierten, crémigen Musikbetten. Hier scheint jemand in sich selbst zu ruhen und die passende Rezeptur zu kennen, mit welchem Sound man sich noch den grauesten, trübsten Tag schön bounzen kann.
Marys Platte strotzt vor Euphorie und Selbstsicherheit. Die Produktion ist sehr smart, hüpft mühelos in den Spagat zwischen Nineties-Nostalgie ("Enough", "Come See About Me", "On Top (feat. Fivio Foreign)" ), Nuller-Jahre-Urban Style ("No Idea", mit ehrerbietigem Querverweis auf Janet) und 2010er-R'n'B mit einem auto-getuneten Usher, der jetzt wie eine Kastratenversion von John Legend klingt.
Die Kombi mit Dave East überzeugt auf einem flächig downbeatigen Möchtegern-Jazzrap-Unterleger noch weniger: Das dünnsuppig säuselnde "Rent Money" kursiert zwar als Single, bleibt aber weit unter dem sonst saftigeren Album stecken.
Und selbst bei Mary J. Blige entkommt man dem vor Selbstlob strotzenden DJ Khaled nicht. Der von ihm aufgeschnappte "No No No Riddim" aus dem jamaikanischen Hause Studio One hat schon spannendere Aufbereitungen erfahren als "Amazing (feat. DJ Khaled)". Ist eben "anotha one!", mehr nicht. Die weiteren Feature-Acts lassen sich aufgrund dezenteren Auftretens eher als i-Tupfer auf breiter Mary-Bühne wahrnehmen. Ausnahme: "Here With Me (feat. Anderson .Paak)", in dem Mister Silk Sonic das Meiste zu sagen hat.
Rund wird das Panoptikum der Blige-Kompetenzen durch hochkarätigen mehrstimmigen Gospel-Pop (im Titelstück) mit einem zwar simplen Metronom-Tick-Beat, aber trotzdem enormer Groove-Lässigkeit. "Failing In Love" bedient die gut gemachte alte Soul-Ballade im Anita Baker-Format für sonntagabends, für alle, die sich in einer Pendel-Fernbeziehung aufreiben.
Innovativ klingt hier nichts. Die Songtitel zeigen zudem schnell, dass viele Lyrics um Liebe kreisen und nichts Weltbewegendes zutage fördern. Dafür locken die durchweg aparten Melodien. Die gehen so unwiderstehlich und attraktiv ins Ohr, dass das Gesamtpaket gerne risikolos bis zur Feigheit sein mag. Es will alles unbedingt gefallen, aber so darf Popkultur natürlich sein. Im Unterschied zu dem, was Madonna heute macht, ruft der Aufguss alter Teebeutel hier kein Fremdschämen hervor, sondern kommt sehr elegant, gekonnt und sympathisch rüber.
Massiven Anteil an der positiven Wirkung hat - neben der meist exquisit smoothen Soundcolour und der abwechslungsreichen CD-Dramaturgie - die Songstress höchstselbst: ihre stimmliche Brillanz reißt jede Hürde. Die New Yorkerin gibt sich flehend ("Love Will Never"), flexibel modulierend mit schauspielerischer Expression ("No Idea"), Beats via Vocals schiebend wie En-Vogue ("Enough") und dabei zugleich kehlig und hoch singend. Weitere Varianten: soft-soulig beiläufig ("Here With Me"), kratzig und melodramatisch.
Kurios an der Platte sind am Rande die beiden Dancehall-Kurven "Amazing" ("positive vibez" in den Lyrics, Reggae-Beat und Sample, Dancehall-DJ-Effekte) und "On Top" (schreit nach einem Bulby York-Remix). Umgekehrt wäre mehr Hip Hop zu erwarten gewesen, der selbst in den Features weitgehend glatt gebügelt wurde.
Auch kurios: In "Come See About Me" scheint Mary J. so in Mark und Bein gehend vortragen zu wollen wie Alicia Keys in "Empire State Of Mind". Das klappt zwar gut, eröffnet mir aber die Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass die Aussage "erfolgreichste R'n'B-Künstlerin der letzten 25 Jahre" eben auf Alicia zutrifft, egal welche Kriterien (Singles, Alben, Länder, absolute Verkaufszahlen, Charts-Positionen) man anlegt. Alicia hat in ihren ersten elf Karriere-Jahren mehr gerissen als Mary J. Blige in drei Jahrzehnten. Deren neues Album zum Wohlfühlen unterstreicht aber sehr wohl, dass mit der 51-Jährigen weiter zu rechnen ist.
1 Kommentar
well i dont know im like whuut? i dont need that music