laut.de-Kritik

Die Musik eingängig, die Texte einfach und doch gehaltvoll.

Review von

Gelingt Maxim mit "Staub" endlich der Absprung? Die Spatzen pfiffen es jedenfalls von den Dächern: "Meine Soldaten" rotiert seit Wochen als wirklich untypische und gerade deshalb so ansprechende Radiosingle.

"Immer wenn mein Herz nach dir ruft / und es brennt in den Straßen in mir drin / befehle ich meiner Armee alles zu tun / um es wieder zum Schweigen zu bringen." Die Lyrics über das zwanghafte Unterdrücken des eigenen Gefühlschaos muteten einfach und doch gehaltvoll an, die Musik eingängig, aber nicht angepasst und von den SWR 3- und 1LIVE-typischen Nervtötern ohnehin weit entfernt. Auf eine klanglich interessante Platte deuteten der martialisch trabende Calypso-Beat und die somnambulen Chöre unmissverständlich hin.

Maxims langjähriger Weggefährte Teka, Jochen Naaf (Bosse, Peter Licht) und der eher im Urban-Bereich namhafte Farhot (Samy Deluxe, Megaloh, Nneka, Patrice) teilten sich dabei die Produktion. Das Ergebnis: ein hochmodernes, von getriggerten Drums und echten Streichern geprägtes, gelegentlich mit Synthies angereicherten Pop-Soundbild.

Ähnlich zauberhaft gelingt die anschließende Abhandlung zu ausgiebiger Blicke in den "Rückspiegel" und dadurch verpasster Chancen. "Und das Glück steht vor dir an der Straße / und hält den Daumen raus / aber alles geht so schnell, dass es dir immer erst auffällt / wenn du in den Rückspiegel schaust."

Der Chorus verkörpert die proklamierte Aufbruchstimmung auch musikalisch, in der Strophe verwöhnt den Hörer dagegen ein von luftiger Instrumentierung umgarnter Halftime-Beat. Ohne abzukupfern, erinnert die wärmende Grundstimmung hier angenehm an Clueso.

Vor dem - gemessen am Erfolg - großen Meister des jungen deutschen Singer/Songwriter-Pops muss sich der Kölner auch gesanglich nicht verstecken. Zum hinzu gewonnenen Charisma gesellt sich eine ganz dezent kratzende Rauheit, die Maxims Stimme ganz unverwechselbar macht.

Angesichts des vorhandenen Potenzials eigentlich ein Jammer, dass Teile des "Staub"-Repertoires nicht ansatzweise so zwingend wirken wie das eröffnende Dreiergespann ("*1980 - †2010", "Meine Soldaten", "Rückspiegel") oder das unzufriedene "Haus Aus Schrott". Ausgerechnet der von Fernbeziehungs-Schmerzen geprägte Titeltrack zieht beispielsweise leider als etwas belanglose Pianoballade vorbei. Weit besser gelingt - "betrunken und verwirrt" - der zweite Ruhepunkt "Vielleicht In Einem Anderen Leben".

So hinterlässt Maxims vierte Platte zwar auch ein vorübergehend weinendes Auge, insgesamt aber den Eindruck einer runden und geschlossenen Geschichte - bedingungslos ehrlich, aber nie überspitzt. Und trotz der detailverliebten Arbeit nie überladen.

Trackliste

  1. 1. *1980 - †2010
  2. 2. Meine Soldaten
  3. 3. Rückspiegel
  4. 4. Lieber Bluten Als Frieren
  5. 5. Pfennig Ohne Glück
  6. 6. Staub
  7. 7. Haus Aus Schrott
  8. 8. Einsam Sind Wir Alle
  9. 9. Vielleicht In Einem Anderen Leben
  10. 10. Hier
  11. 11. Wut
  12. 12. Übermensch
  13. 13. Einen Winter Noch

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3 Kommentare

  • Vor 11 Jahren

    Don't forget you reggae roots Maxim...

    Schade, als Reggae Künstler hat er mir besser gefallen.

  • Vor 11 Jahren

    Guter Junge, immer schon gewesen. Gönn ihm jeden kommerziellen Erfolg, auch wenn mir die Reggea Sachen ebenfalls besser gefallen haben. Die neue Scheibe erinnert mich persönlich eher an Gisbert zu Knyphausen als an Clueso.

  • Vor 11 Jahren

    Hm, schade isses ja irgendwie schon, daß er dem Reggae so hundertprozentig abgeschworen hat. Ein bißchen mehr Mut hätte ich ihm schon zugetraut, stattdessen verkommt er auf diesem Album zu einem Abziehbild von Gisbert zu Knyphausen oder Wolfgang Müller, und in Ansätzen meine ich hie und da auch Blumfeld zu erkennen. Das Album ist ganz okay und überraschend gut dosiert, was die Arrangements und den damit verbundenen Einsatz von Bombast angeht. Es gibt auch ein paar schöne Titel darauf und man merkt selbst bei den schwächeren Sachen ("Staub"), daß da noch was geht. Trotzdem fehlt da die eigene Note, die Maxim früher durchaus mal hatte.
    Das Album läßt sich ganz gut hören, und ich hoffe, daß seine Karriere dadurch ein bißchen mehr Fahrt aufnimmt - und daß man noch was von ihm zu hören bekommt. Dann aber bitte mit ein paar Zähnen mehr und vielleicht ein paar Schmuseeinheiten weniger.
    Gruß
    Skywise