laut.de-Kritik
Zeitloser Swing auf höchstem Niveau.
Review von Kai KoppSwing ist wieder in und generationenübergreifend gesellschaftsfähig, wie die überaus erfolgreichen Veröffentlichungen von Robbie Williams, No Angels, Jamie Cullum und zuletzt Paul Anka beweisen. Jetzt liefert Michael Bublé - der Rising Star der erstarkten Triolenbewegung - mit "It's Time" ein Album, das allen Möchte-Gern-Croonern zeigt, wo der Big Band-Hammer hängt.
Mit Pink Panther Krimi-Atmosphäre, grandiosem Bläser-Arrangement und versierter Vokalkunst macht Michael Bublé von Beginn an klar, dass es sich um ausgereifte Musik auf höchstem Niveau handelt. "Feeling Good", das bereits von Nina Simone erfolgreich interpretiert wurde, ist zugleich die erste Singleauskopplung. Ihr Potential offenbart sich bereits beim ersten Hören und macht Lust auf mehr.
Der Gershwin-Klassiker "A Foggy Day (In London Town)", den auch Frank Sinatra einige Jahre im Repertoire hatte, überspringt zwar die mit "Feeling Good" sehr hoch gelegt Latte nicht unbedingt, hält mit seinem verspielten und leichtfüßigen Arrangement jedoch die Höhe. "A Foggy Day" hat auch nach mehreren Jahrzehnten nichts von seinen Evergreen-Qualitäten eingebüßt. Michael Bublé erklärt das so: "Die Menschen suchen nach guten Songs, die aus dem Herzen gesungen werden. Es geht um die Melodien und die Texte, und es ist ganz egal, ob ein Lied alt oder neu ist. Das sind zeitlose Werte."
Lieblich, schmeichelnd und mit zarten Streicherschmelz schunkelt sich "You Don't Know Me" durch sein 6/8-Feeling. Ray Charles machte Anfang der 60er die Nummer zu einem großen Hit. Das folgende "Quando, Quando, Quando" hält diesen Status seit Jahrzehnten inne und ist der wohl bekannteste Latin-Hit aller Zeiten. In der Version von Michael Bublé mutiert der von Caterina Valente ins deutsche Volksliedgut eingeführte Schlager zum Bossa Nova. Den besonderen Reiz zieht die Nummer neben seiner zeitlos schönen Melodie aus dem Duett-Gesang, bei dem Nelly Furtado Michael Bublé unter die jungen Arme greift. Wunderschön!
"Home", eine Original-Bublé-Komposition beweist, wie sehr der junge Mann sein Cover-Repertoire verinnerlicht und zu seinem eigenen gemacht hat. Dennoch präsentiert sich "Home" als Country-naher Popsong im Swing-freien Gewand. "Can't Buy Me Love", der Beatles-Evergreen, markiert einen weiteren Höhepunkt des Albums. Der Pilzkopf-Hit lebt vom Uptime durch die Strophen wetzenden Walking-Bass, der vom Refrain mit großen Big Band-Getöse ins Halftime ausgestoppt wird. Große Arrangierkunst bietet dieses originelle und überraschende Cover.
"Save The Last Dance For Me" lockt mit Latin-Intro (inclusive Son-Clave) und Rumba-Flair, das allerdings schnell einer Lagerfeuer-nahen Akustikgitarre weicht, die wiederum einem punktierten Schlager-Swing-Arrangement Platz macht. Caterina Valente hat sich mit so was ihre Sporen verdient. "Try A Little Tenderness" ist als Ballade in bester Swing-Jazz-Manier gehalten und erinnert an die großen Musicals der 60er, in denen Fred Astaire sich die Seele aus dem Leib tanzte. Märchenhaft und feenleicht schweben die Streicher über dem arg amerikanischen Klischee-Arrangement, bei dem komischerweise "Wizard Of Oz"-Bilder in meinem Kopf auftauchen.
Auf "How Sweet It Is" (Marvin Gaye) kontrastiert eine angezerrte Blues-Boogie-Gitarre Michael Bublés charakterstarke Stimme. Unterstützung von Chris Bottis gestopfter Trompete holt sich der 25-jährige Jung-Crooner für "Song For You". Leon Russell schrieb die Vorlage, The Carpenters, Ray Charles und Cher verwandelten den Song in einen sensiblen Hit.
Das Arrangement für "I've Got You Under My Skin" beruht auf einer Vorlage von Nelson Riddle, dem berühmten Sinatra-Arrangeur, der 1985 im Alter von nur 64 Jahren starb. Bublé verleiht dem Cole Porter-Track den Charme seiner jugendlichen Leichtigkeit. Den Ausklang bildet eine wundervoll zärtliche Interpretation des Stevie Wonder-Songs "You And I".
Michael Bublé ist zweifellos der Star der neuen Swing-Generation. Da in der journalistischen Wirklichkeit Superlative eine gewichtige Rolle spielen (Jamie Cullum wurde im Zusammenhang mit "Twentysomething" als David Beckham des Jazz bezeichnet) kommt auch im Falle Michael Bublés dieses fragwürdige Mittel zum Einsatz. Von seinen Promotern wird Michael Bublé als "Frank Sinatra des 21. Jahrhunderts" gefeiert. Ausnahmsweise haben sie mal recht. "It's Time" für Michael Bublé!
Noch keine Kommentare