laut.de-Kritik
Zwischen Ennio Morricone und Wolle Petry.
Review von Ulf Kubanke"Terlingua" heißt nicht nur das aktuelle Album von Mono Inc. Pate steht jenes gleichnamige texanische Nest, das die Hamburger während eines Amerika-Trips besuchten. Dunkle Nächte, helle Sterne, staubige Highways und endlose Weiten haben nicht nur die Band tief geprägt, sondern angeblich auch große Spuren in der Musik hinterlassen.
"Diese Dunkelheit, Leere und Einsamkeit habe ich so noch nirgends erlebt. Dieser Ort zwingt einen geradezu, die Dinge anders wahrzunehmen und neu zu reflektieren", so Mono Inc.-Frontman Martin Engler. Tatsächlich ziehen sich hie und dort Spurenelemente leichter Amerikanismen durch die neue Platte. Dennoch sollte der Hörer hier keine zu hohe Erwartungshaltung haben. Am Ende steht "Terlingua" deutlich näher bei Wolle Petrys Rockschlager als bei Morricones Staubmantel.
Schon das Coverartwork hält genug unfreiwillige Komik parat. Martin Engler macht auf Revolverheld und sieht dabei doch eher aus, als habe man Lord Varys versehentlich in ein Cowboykostüm gezwängt. Mit der Musik ist es recht ähnlich. Ob man die Scheibe hernach als Fehlschlag oder doch als einigermaßen gelungen betrachtet, hängt vom Blickwinkel ab.
Die stetige Selbstetikettierung Mono Inc.s als Gothic Rock ist jedenfalls über weite Strecken große Hochstapelei. Für Gothrock halten zwei Drittel der Tracks höchstens kleine Mädchen mit Zöpfen oder jene, die auch glauben, die letzte Heino-Platte sei Metal ("An Klaren Tagen").
Wer auf professionell gemachten Rockschlager mit eingängigen Melodien ("Mondschein", "Heiland") steht und Bundesvision-kompatible Combos à la Oomph!, Unheilig, Christina Stürmer, Silbermond oder Die Happy mag, sollte Stücke wie "Die Noten Deines Lebens" anchecken. Auch allen Freunden von Petrys Comeback "Brandneu" wird das Gebotene sicherlich gefallen. Dem Letztgenannten ist diese Platte in punkto Herzblut und Authentizität deutlich überlegen.
So wechseln Licht und Schatten einander munter ab und sorgen für ein zerfahrenes Bild. Gleich der Opener "Mondschein" macht klar: Man darf hier keine Angst vor Pillepalletexten haben. "Öffne deine Türen wieder oder willst du nicht raus?" Doch, doch, vor allem schnell aus diesem Reißbrettsong. Auch stimmlich macht Sänger Engler nicht nur hier zu sehr auf Epigone von Urgestein Joachim Witt. Das 08/15-Gedudel "Heiland" schlägt in eine ähnlich belanglose Kerbe. Originell ist das nicht.
Dem gegenüber stehen jedoch ein paar wirklich gelungene Klopper, die tatsächlich im schicken Postpunk-Gewand anrücken. "It Never Rains" trumpft mit gelungenem Spannungsbogen auf und erinnert ohne abzukupfern angenehm an die Tradition Dronning Maudlands ("Cry For Happy"). Auch die Gitarren emanzipieren sich hier endlich mal vom sonstigen Schema F früherer Veröffentlichungen. "Tag X" bietet hernach Schnuckelpop dank des zünftigen Liquido-Keyboards.
Klarer Höhepunkt der Platte ist das epische "118". One-One-Eight ist der Highway, der das Städtchen Terlingua mit dem Rest der Zivilisation verbindet. Schöne Gitarren und ein schwerblütiges Keyboardarrangement garantieren echte Atmosphäre, die sogar Englers bedenkliche Vocals nicht ruinieren können. Letzteres schafft der Sänger leider bei der ansonsten passablen Pianoballade "Ghost Town Gates". Die stimmliche Überforderung macht das emotionale Lied vollkommen dem Erdboden gleich. Schade drum. Dennoch tut die partielle Rückkehr zur englischen Sprache der Band gut.
Am Ende klingt "Terlingua" wie ein Übergangsalbum. Auf dem Weg zu teilweise neuen Ufern gibt es ein paar tolle Songs und noch zu viele Schablonen-Nummern aus der gruseligen "Nimmermehr"-Ära. Doch wenn sie dort weiter machen, wo sie mit "It Never Rains" und "118" aufhören und am Gesang arbeiten, weist die Entwicklung in die richtige Richtung.
4 Kommentare mit 5 Antworten
Reinster Schunkelschlager... und als wäre das nicht so schon schlimm genug, dann aber noch als Schaf im Wolfspelz. Faun, Unheilig, Eisbrecher, Mono Inc, Solitary Experiments... Zur Szene gehörte es seit jeher zum guten Ton, den Untergang der Szene zu beschwören... aber das sich tatsächlich mal so ein Gedöns durchsetzen würde... Daneben kommen mir Mittelalter-Rock und Aggrotech auf einmal gar nicht mehr so schlimm vor.
Mittelalterrock ist auch nicht schlimm. Das hier ist es
Doch genau das ist Mittelalterrock. Der Soundtrack für weltfremde Trottel, die ihre Sehnsucht nach vergangenen Zeiten ausleben, in dem sie sich des Wochenendes kostümieren und zu Rotz wie Schandmaul zu viel Met konsumieren.
Dass der geneigte Helene Fischer Fan sich auf den Schlips getreten fühlt, wenn er mal traditionelle Lieder hört oder ein mittelalterliches Instrument zu sehen bekommt, wundert mich eigentlich nicht . Mich wundert nur, dass du nicht erwähnst, dass wir uns nicht waschen und mit Ziegen Unzucht betreiben. ......Klischees sind was Feines
Auf Festivals wird die Crowd aber schon merklich infantiler (du kannst es begeisterungsfähiger nennen), wenn SaMo oder InEx aufspielen. Und dieses ganze "Hände in die Höh" "Alle Klatschen" "Und jetzt springen" kann einem doch nur auf die Eier gehen, oder? Aber wie gesagt: Ich kann mir das ja auch mal zwischendurch geben. Nichts ist so schlimm wie dieser Schlagermist a la Mono Inc (wo im Übrigen auch immer fleissig geklatscht werden muss).
Ob man sich jetzt bei ner wall oft death die Köpfe einschlägt oder aufgeregt zum Klatschen anfängt ist doch komplett egal. Idiotisch is beides, Spaß macht es aber auch. Hier geht es um die Musik und die kann auch in diesem Lager gut sein und selbst wenn man diese Art von Musik nicht mag, muss man nicht mit seinem Unwissen glänzen und alle Zuhörer als stinkende bärtige Hünen abstempeln. Das ist lächerlich
Musik in Form eines Folterwerkzeugs.
Engler kann zum Reflektieren gezwungen werden? Das wäre doch mal was...
Und ich dachte kurz: Schön was neues von Mono und Nikitaman