laut.de-Kritik

Eine Reise vom Hier und Jetzt ins Nirgendwo und wieder zurück.

Review von

Manga Comics sind klassischerweise so konzipiert, dass man sie auf der letzten Seite rechts oben beginnend liest. Entgegen gewohnter Konventionen nähert man sich am besten auch der Musik der Japaner Mono. Klar gab es immer auch Konzepte wie das an Dante angelehnte "Requiem For Hell", die Halt beim Hören geben. Gerade das Fehlen von Gesang und Texten in der mäanderden Musik führte zu einem intensivem Hörerlebnis entgegen der eigenen Denkschablonen und Erlebnisse.

Richtig ist aber auch, dass Mono auf den letzten Platten in ihrer Struktur festgefahren wirkten. Der klassische instrumentale Postrock mit all seinen Berg- und Talfahrten rief bei langjährigen Fans nur mehr müdes Gähnen hervor. Klischees und melodischer Kitsch vor dem Hintergrund der Postrock-Tapete lautete der Vorwurf. Die Werke der Genre-Kollegen Long Distance Calling ("Boundless) oder Toundra ("Vortex") gerieten abwechslungsreicher.

Die Kritik scheint angekommen. Mono waren vielleicht nie die innovativsten Vertreter des Genres, doch mit die Beständigsten. Zum zwanzigsten Geburtstag präsentiert das Quartett sein zehntes Album und wartet mit Neuerungen auf, die von einem gewachsenen Selbstbewusstsein künden. Erstmals tritt Bassistin Tamaki ans Mikrofon und sorgt in "Breathe" für Gänsehaut-Feeling mit ihren tief-zart-verhuschten, an Sängerinnen wie Chelsea Wolfe angelehnten Vocals. Das dadurch entstehende, fatalistische Bild setzt sich beim Hörer fest.

Noch anschaulicher geht die Band bei ihrem Track "After You Comes The Flood" vor. Der französische Regisseur Julien Levy nutzte diese Vertonung als Vorlage für einen nervenaufreibenden Kurzfilm zwischen Film Noir, Horror-Thriller und tragischer Romanze. Im "Funeral Song" tröten Bläser aus dem Jenseits über Hausswolffsche-Orgel-Ambient-Klänge. Auch der Wechsel hinterm Schlagzeug zu Dahm Majuri Cipolla verleiht dem verbliebenen Trio neuen Schwung.

Wem das zu viel der Worte und Bilder sind, der verliert sich heillos in den Geflechten der übrigen Kompositionen. Die orchestralen Arrangements von Bandkopf Takaakira 'Taka' Goto erhalten ein zusätzliches Gepräge durch den verstärkten Einsatz elektronischer Klänge. Hierdurch rücken einzelne Soundscape in die Nähe von Film-Scores der Achtziger. Der Blade Runner-Soundtrack von Vangelis grüßt häufig. "Far And Further" knüpft tatsächlich an diese Genialität an. Ein Hans Zimmer würde dafür töten.

Doch gerade mit den überlangen Stücken wie dem Titeltrack, "Sorrow" und "Meet Us Where The Night Ends" erschaffen die Japaner epische Sinfonien, die in Slow-Mono durch die Landschaften der Seele pflügen und diese auf eine Reise vom Hier und Jetzt ins Nirgendwo und wieder zurück schicken. Diese Sphärenmusik schürft wahrlich tief. Wie die illuminierte Tänzerin auf der Turmspitze, umgebenen von einem düsteren Großstadt-Moloch, unbeeindruckt ihre Pirouetten dreht, setzen Mono auf ihrem Geburtstags-Langspieler neue Impulse und stehen somit mehr in lebendigem Licht als im Schatten ihrer eigenen Vergangenheit.

Trackliste

  1. 1. God Bless
  2. 2. After You Comes The Flood
  3. 3. Breathe
  4. 4. Nowhere, Now Here
  5. 5. Far And Further
  6. 6. Sorrow
  7. 7. Parting
  8. 8. Meet Us Where The Night Ends
  9. 9. Funeral Song
  10. 10. Vanishing, Vanishing Maybe

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1 Kommentar

  • Vor 5 Jahren

    Rezi klingt ja schon mal vielversprechend, nachdem mich kein "exklusives Post-Rock-Album" mich in den letzten Jahren mehr abzuholen wusste und ganz besonders Mono sich auf den letzten Alben in elegischen bis ziemlich egalen Orchestral-Orgien ergingen...

    Herr Vogel natürlich einmal mehr mit all den richtigen Referenzen, um Ungeziefer wie mich aus den dunklen, verstaubten Ecken des Hauses herauszulocken... Hoffe sehr, dass das Hörerlebnis dem Lesespaß in nichts nachstehen wird.
    Gerade Mono würde ich ein bockstarkes Comeback so sehr gönnen - besonders auch, weil ihr "The Flames beyond the cold mountain" mitverantwortlich dafür war, dass meinem Empfinden ab 2006 / mit "You are there" im Prinzip alles unbedingt Notwendige im Post-Rock endgültig gesagt war.