laut.de-Kritik
Hat Moses 'ne neue Platte am Start?
Review von Alexander CordasWer es nicht besser weiß, könnte beim Blick aufs Cover denken, Moses hätte 'ne neue Platte am Start. Moondog nannte sich der bärtige Mann mit dem wallenden, weißen Haar. Zu Lebzeiten wohlgemerkt, denn er starb 1999.
Nicht sehr viele Menschen haben das seinerzeit mitbekommen. Mit seinem Einfluss auf Musiker aller Genres, von der Klassik über Jazz bis hin zu alternativer Rockmusik, stand und steht sein Bekanntheitsgrad in der breiten Bevölkerung in keinem Zusammenhang.
Moondog ist nach wie vor ein Unbekannter. Das blinde Genie (selbst Leonard Bernstein hat ihn einmal so genannt) komponierte wie ein Besessener, aber nur ein Bruchteil seines Schaffens fand den Weg auf Vinyl oder CD.
Die vorliegende Doppel-CD fasst seine Aufnahmen zusammen, die er in der Zeit nach seinem Weggang aus den USA veröffentlichte, als er in hiesigen Landen seine Zelte aufschlug. Genau genommen bildet jedoch nur CD 1 einen Querschnitt seiner Aufnahmen, CD 2 beinhaltet eine Live-Aufnahme, die einen Monat vor seinem Tod im südfranzösischen Arles entstand.
Die Faszination der moondog'schen Musik ist nur sehr schwer oder gar nicht zu fassen. Entweder man mag sie, oder sie kommt einem wie uninspiriertes Gedudel vor. Sicher, Orgel-Werke wie "Log In 6" aus "A New Sound Of An Old Instrument" kann schon an den Nerven zerren, ist eine Kirchenorgel doch ein ultradominantes Instrument.
Beim Überhören solcher 'Nichtigkeiten' kann es jedoch auch passieren, dass es den Hörer in einem magischen Strudel in ein fremdes, unentdecktes Land zieht. Dort herrschen ultrakonservative kompositorische Kontrapunkt-Gesetze.
Speziell bei den Stücken aus dem sehr schönen "Sax Pax For A Sax"-Album entsteht aber keineswegs der Eindruck, hier sei von vorne bis hinten alles durchkomponiert. Improvisationen? Fehlanzeige. Moondog gestattete sich in dieser Hinsicht keine Nachlässigkeiten. Fehlende Improvisation heißt jedoch nicht fehlende Anmut.
So darf der Hörer ausgiebig auf Entdeckungsreise gehen und sich seine Bonbons aus dem Schaffen von Moondog heraus picken. Wieso letztendlich seine Musik so anrührend ist, darauf muss jeder selbst eine Antwort finden, denn seine Musik in Worten zu beschreiben, das wäre in der Tat so etwa wie zu Architektur tanzen ...
Noch keine Kommentare