Porträt

laut.de-Biographie

Mr. Lif

"Sieht aus wie der entspanntere Bruder von Whoopi Goldberg", so das Urteil eines Kollegen von rap.de. Von der Fassade sollte man sich allerdings nicht einlullen lassen: Die leichte bis seichte Unterhaltung zählt nicht zu den Betätigungsfeldern eines Mr. Lif. Gesegnet mit offenen Augen für die Zustände in seinem Heimatland und inspiriert von Geist und Feuer von Public Enemys Chuck D zählt er zu den wortgewaltigsten und mit Sicherheit unbequemsten Figuren auf dem US-amerikanischen Rap-Parkett.

Mr. Lif - Mo' Mega Aktuelles Album
Mr. Lif Mo' Mega
Hip Hop dieser Sorte kann Leben retten.

Als Sohn eines Einwandererpaars von Barbados lernt Jeffrey Haynes früh die Härten des Systems kennen. "Ich sah, wie meine Eltern in ihrem Alltag um jede Kleinigkeit kämpfen mussten", erinnert er sich im Interview. Im Hause Haynes wird - dennoch oder gerade deswegen - Wert auf moralische Stärke und eine gute Ausbildung gelegt: In Jeffrey keimt ein wacher, ausgesprochen kritischer Geist. Der Windstoß, der den glimmenden Funken zu loderndem Feuer entfacht, kommt aus New York.

Jeffreys Mutter kauft ihrem Sohn zu Ostern eine Boombox und das erste Tape: Run DMC geben den Startschuss, die finale Besessenheit beginnt mit Bändern von Public Enemy. Rap, "CNN of the black community", hat ein neues Sprachrohr. Nach zwei Jahren an der New Yorker Colgate University wendet sich Jeffrey vollends der Musik zu. Seine persönlichen Highlights: "Follow The Leader" von Eric B und Rakim, Nas' "Illmatic" und natürlich "It Takes A Nation Of Millions..." der allgegenwärtigen Public Enemy.

Warum "Mr. Lif"? Pate für den Bühnen-Alias steht ausgerechnet eine Rockband. Bei einem Konzert von Phish springt Jeffrey deren Song "Liftedly Man" an. "Incredlible bassline", so sein Urteil. "Liftedly" wird adoptiert und später zu "Lif" verkürzt. Den Zusatz "Mr." steuern Freunde bei. Bostons Reimwunder trägt einen Namen. Mr. Lif performt seit 1994. In den Anfängen liegen die Schwerpunkte noch auf Battle-Rhymes. Bald jedoch erkennt Mr. Lif in Musik und Wort schlagkräftige Waffen für einen Wandel, den er voranzutreiben trachtet: Seine Texte werden kritischer und progressiver, er positioniert sich als entschiedener Gegner von George W. Bush ("I could smell the dawn of Armageddon when this dick was elected.") und des American Way of Life ("ads are dads, sitcoms are moms").

El-Ps in New York angesiedeltes Label Definitive Jux bietet dem Conscious- Lyriker ebenso wie seiner Crew, den Perceptionists, eine Heimat. In den Reihen der Perceptionists finden sich außerdem DJ Fakts One und MC-Kollege Akrobatik. Ihr im März 2005 erschienenes Album "Black Dialogue" enthält mit "Memorial Day" ein deutliches Statement gegen den Wahnsinn des Irak-Kriegs. Digital Undergrounds Humpty Hump sowie Guru von Gang Starr absolvieren Gastauftritte. "Black Dialogue" wird vom Magazin "Rolling Stone" unter die fünfzig wichtigsten Platten des Jahres gewählt.

Mr. Lifs Solo-Karriere beginnt allerdings schon vorher. Zwischen 1998 und 2000 veröffentlicht er unter anderem die Singles "Elektro" und "Triangular Warfare". Die dritte, "Farmhand", erscheint in Zusammenarbeit mit Grand Royal, dem Label der Beastie Boys. Mr. Lif wird mehrfach mit dem Boston Music Award ausgezeichnet, darunter 2000 und 2001 in der Kategorie "Outstanding Rap/Hip Hop Act".

2001, zu einem Zeitpunkt, als die Kommerzialisierung den Hip Hop fest im Würgegriff hat, legt er mit "Enters The Colossus" eine politisch motivierte Debüt-EP nach und sichert sich spätestens jetzt seinen Platz unter den ernstzunehmenden Poeten seiner Zunft. "Cro-Magnum" mit Illin P wird als Single ausgekoppelt. Obwohl Mr. Lif sich in keiner Religion verhaftet fühlt, sieht er Gott in jedem Teil der belebten Welt. Spirituelle Elemente fließen in seine Lyrics ein.

Nachdem Anfang 2002 seine Live-LP "Live At The Middle East" - inklusive dreier bisher unveröffentlichter Tracks und einem 13-minütigen Freestyle am Ende - auf den Markt kam, folgt mit "Emergency Rations" Lifs zweite EP. In "Home Of The Brave" verarbeitet er das amerikanische Trauma 9/11, prangert Korruption und das profit-orientierte Engagement der USA in Afghanistan an und handelt sich erstmals den Ehrentitel eines "Chuck D der nächsten Generation" ein.

Mit "I, Phantom", ebenfalls aus dem Jahr 2002, legt Mr. Lif ein von Def Jux- Boss El-P, Insight und Fakts One produziertes Konzeptalbum vor, dessen die volle Länge von 14 Tracks durchziehende Story nahezu Hörbuch-Charakter besitzt. Der Hörer begleitet, getragen von Lifs umwerfendem Flow, den Protagonisten auf seinem Weg vom Aufstieg aus ärmlichen Verhältnissen durch den Erfolg bis hinein in einen alptraumhaften apokalyptischen Showdown. "I, Phantom" featuret Labelkollegen Aesop Rock, Insight und Jean Grey.

Ein Ausflug zu Thought Wizard Productions beschert der Welt 2003 "Sleepyheads". Der nächste Schlag, "Mo' Mega" von 2006, erscheint allerdings wieder bei Def Jux. "Manche machen Alben, weil sie die Möglichkeit dazu haben, andere, weil sie müssen. 'Mo' Mega' ist das Album, das Mr. Lif machen musste", so die Ankündigung des Labels. Mit Produktionen von El-P präsentiert sich "Boston's reflective rhyme warrior" hier als Poet und True-Life-Reporter in der Tradition von Storytellern wie Chuck D, KRS-One, Rakim und Guru.

Mr. Lif teilt sich die Bühnen der Welt mit Künstlern wie Eminem, The Roots, Company Flow, Busta Rhymes, Aesop Rock, Burning Spear, den Souls of Mischief, Cannibal Ox, KRS-One, Mos Def und Talib Kweli, Roni Size, Tortoise, Zap Mama, und und und... Im Gespräch mit Chuck D ließ dieser folgende Ansicht ab: "Das ist eben Musik! Wenn ich Blues- oder Jazz-Musiker betrachte: Die bleiben im Geschäft, bis sie 90 Jahre alt sind. Ich hoffe, Mr. Lif wird reimen bis zu seinem allerletzten Atemzug." Dem bleibt wenig hinzuzufügen.

Alben

Surftipps

  • Offizielle Homepage

    Count Down zum Album: Zeitgleich startet eine neue Webseiten-Version.

    http://www.mrlif.com
  • Definitive Jux

    Labelhomepage: News & Infos, Audio/Video, Tourdaten und Geldanlage-Möglichkeiten im Online-Shop.

    http://www.definitivejux.net

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