laut.de-Kritik
Achtung, Klischee: Islands Elfen laden erneut zum Tanztee.
Review von Mathias MöllerMúm machen es einfach, sich in seiner Haut wohlzufühlen - vorausgesetzt, man trägt die passenden Vorurteile gegenüber Isländern im Handgepäck: verschroben, schwer zu durchschauen, stoisch und meist freundlich gestimmt. Diese Adjektive lassen sich auch auf "Go Go Smear The Poison Ivy" anwenden.
Der Opener lässt sich lange Zeit, ehe er mit mehrstimmigem Gesang in die Gänge kommt. Über die gesamte Länge holpern und klackern elektronische Beats zur zarten, fast schon poppigen Instrumentierung mit Streichern und Tasteninstrumenten.
Zwar mutet es etwas bizarr an, den längsten Track des Albums an den Start zu stellen. Aber dessen ungeachtet, es geht auf jeden Fall experimentell weiter. Ob mit klapprigen Beats auf "I Little Bit, Sometimes" oder den merkwürdigen Stimm- und Tonloops zu Beginn von "They Made Frogs Smoke 'Til They Exploded". Kaum zu glauben, dass diese Nummer die Vorabsingle darstellt. Radiotauglich geht anders.
Aber genau wegen dieses unbändigen Willens zum Experimentieren funktioniert "Go Go Smear The Poison Ivy". Wer offene Ohren besitzt und sich auf das wohlarrangierte Klanggetöse einlässt, wird schnell gefangen vom Charme dieser musikalischen Zirkusschule. Erst "Moon Pulls" besitzt ein "klassisches" Arrangement mit Klavier als Melodie-Liferant und einer melancholischen Gesangslinie.
"Marmalade Fires" klingt ähnlich getragen, allerdings wieder mit einer ganzen Menge elektronischer Spielereien untermalt. Das verpielte "Rhubarbidoo" macht den Eindruck, es entspränge unmittelbar einem fantastischen Zeichentrickfilm. Fast schon tanzbar scheint "Dancing Behind My Eyelids" mit seinem schnellen, gebrochenen Rhythmus.
Erst nach dem schunkelseeligen "School Song Misfortune" wird es wieder etwas ruhiger. "I Was Her Horse" transportiert eine Yann-Tiersenesque Melancholie. Múm warten gegen Ende mit "Guilty Rocks" noch einmal mit einem Highlight auf, ehe das getragene "Winter" das Album beschließt.
Zugänglich ist "Go Go Smear The Poison Ivy", das übrigens in einem ganz feinen Digipack kommt, erst nach mehrfachem Hören. Nebenher laufen lassen empfiehlt sich nur bedingt, doch wer sich zurücklehnt und die Augen schließt, kann die Elfen tanzen sehen. Womit wir wieder bei den Vorurteilen wären.
Noch keine Kommentare