laut.de-Kritik
Halbwegs hörbar - denkt man sich ihre Stimme weg.
Review von Daniela ReichertSongs covern kann prinzipiell jeder - als Hobbymusiker zum eignen Vergnügen oder als professioneller Musiker, um im besten Falle seinen Idolen Tribut zu zollen. Andernfalls vielleicht auch nur, um Geld zu scheffeln.
Gleichgültig aus welchem Motiv heraus man covert, älteren Songs allein einen neuen Sound zu verpassen, ist erst mal keine große Kunst. Der Unterschied liegt in der Qualität - entweder gibt man dem Song eine eigene Note mit oder eben nicht.
Was ich Nena bei ihrem Cover-Album zu Gute halten muss: Sie hat Mut. Es gibt wahrscheinlich nicht viele Popsängerinnen, die sich an Legenden wie die Rolling Stones, Marlene Dietrich und Bob Dylan in einem Aufwasch wagen. Das ist nicht ohne Risiko, denn jeder dieser Heroen hat eine nicht zu unterschätzende Fangemeinde, die einem die Coversongs sehr übel nehmen können. Und um ehrlich zu sein, jeder echte Fan dieser Legenden wird das auch tun.
Denn Nena beweist neben viel Mut auch ein nicht gerade geringeres Maß an Ignoranz. Man fühlt sich an DSDS oder Popstars erinnert, wenn sich Teilnehmer mit dünnen Stimmchen an Songs von Whitney Houston oder Mariah Carey versuchen und richtig baden gehen. Genau das passiert Nena beispielsweise bei dem Versuch Joni Mitchells "Big Yellow Taxi" neu zu interpretieren.
Die rockigen Gitarren, die den Großteil des Songs eher stören als begleiten, könnte man noch verzeihen. Doch die Piepsstimme, die versucht, diesem Song gerecht zu werden, ist einfach unerträglich. Dasselbe Problem bekommt sie auf "Ich Werde Dich Lieben" von Marlene Dietrich. Es reicht einfach nicht, einen Akzent oder gar eine rauchige Stimme nachzuahmen. Die richtig großen Verbrechen kommen aber erst noch.
Zuerst recht harmlos in Form von Bob Dylans "It's All Over Now Baby Blue" - hier rettet sie ein männlicher Backgroundsänger über den Text hinweg. Aber "Blowin' In The Wind" mit Elektrobeats zu unterlegen und dazu noch mit elektronisch verzerrter Stimme zu singen, das kann man nur noch Song-Vergewaltigung nennen. Und hören sowieso nicht mehr.
Den Spruch "Schlimmer kanns nicht mehr werden" sollte man sich trotzdem verkneifen, denn Nena beweist: Doch, es kann: "She's A Rainbow". Wer das Original der Rolling Stones kennt, weiß, dass der Song von Keith Richards rotziger Gitarre lebt. Das störte Nena wenig, die Keyboards blieben, die Gitarre wird hier und da von ein paar Geigen und sehr seltsamen Melodien ersetzt. Von der dünnen Stimme ganz zu schweigen.
Selbst das ist noch steigerungsfähig, denn nicht nur, dass sie "The Last Time" erneut mit Elektro-Beats beginnt, die Melodie des Songs kommt ihr gleich völlig abhanden. Wenigstens legt sie noch Gitarre und echte Drums drunter. Dagegen nehmen sich "Friday I'm In Love" von The Cure und "Children Of A Revolution" von T.Rex als Punkversionen beinahe noch harmlos aus. Die sind zumindest halbwegs hörbar - denkt man sich Nenas Stimme weg.
Ein besonderes Highlight: Die Interpretation von Airs "Sexy Boy". Was auch immer Nena da im Text singt, ich wage ernsthaft zu bezweifeln, dass es französisch ist. Wirklich beurteilen kann ichs nicht, denn es handelt sich um ein unverständliches Genuschel. Vermutlich absichtlich. Der einzige eigene Titel "Macht Die Augen Auf", eine nette Elektro-Pop-Nummer, erweist sich textlich als in Ordnung, nicht mehr und nicht weniger. Wenigstens dient sie einem guten Zweck, der Aktion der TV-Sendung Galileo "Contra CO2".
Fazit: Nena zeigt, wie schwer es sein kann, anspruchsvolle Songs bzw. Klassiker zu covern. Was sie hier veranstaltet, ist einfach nur grausam. Zwei Dinge fallen dabei besonders auf: Mangelnde Kreativität, was beinahe noch zu nett für die lieblosen Arrangements der Songs klingt, und eine gnadenlose Überschätzung der eigenen stimmlichen Fähigkeiten. Sie hätte es besser bei den Cover-Versionen von DAF, Udo Lindenberg oder Stereo Total belassen. Der Rest ist unverzeihlich.
61 Kommentare
Warum meinen immer mehr minder befähigte Sangesleute ihre Karaokeaktivitäten auf CD bannen zu müssen? Tut mir wirklich Leid um die Songs, an denen sie sich da vergriffen hat!
nena covert marlene dietrich? diese frau macht mich von jahr zu jahr aggressiver
Kann sie nicht endlich aufhören??? Die braucht man echt nicht mehr.
Ich hab heut geträumt, dass ich ein gutes Nena Lied gehört hätte.
@clickfive (« Es sei ja nicht so, als wär ich Nena-Gegner ...oder Nena-Liebhaber, genau genommen war sie mir meisstens egal.
Wenn man sich so mit der Zeit durch die Dylan-Diskographie gehört hat, erkennt man so den einen oder anderen Song wieder, welchen man mit der Zeit in der musikalischen Allgemeinheit zu Ohren bekommt.
...
Nachsingen erfolgreicher Songs zu zeitgemässen Beats, verheisst eventuell komerziellen Erfolg, doch bestätigt noch unterstreicht es das Künstlerische können. »):
File under "journalistische Kostbarkeiten"
Wer keine eigene Ideen mehr hat vergreift sich an denen andrer künstler.bin zufällig auf das rammstein cover "ein lied" gestosen bei youtube.ein frevel würd ich sagen.von der musikalischen vergewaltigung der andren songs will ich gar nicht hören.
nina hagen hat seemann gecovert und das war gut.aber diese dame mit dem stimmchen sollte abtreten von der bühne wenn der nix mehr einfällt.