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Jörn Morisse / Felix Gebhard "Plattenkisten: Exkursionen in die Vinylkultur"

"Persönliche Beratung ist wichtig. Und das ist was ganz anderes, als ob du den Buy-Button im Netz klickst oder zu einem Elektronikkonzern gehst. Ich glaube, dass viele der Stammkunden zu uns in den Laden kommen, weil ich weiß, was sie in den letzten Jahren gekauft haben (...) Im besten Fall gehen sie dann mit einer Swans-, einer Calexico- oder einer Bugge Wesseltoft-LP nach Hause." Christof Wessen, Inhaber von Michelle Records in Hamburg, bringt mit diesen Worten nicht nur Augen von Vinyl-Freaks zum Leuchten. Er erklärt auch die Faszination des seit Aufkommen der CD totgesagten Tonträgers, der erst kürzlich aufgrund der stetig steigenden Nachfrage eine offizielle Chartsliste kredenzt bekam. Nicht zuletzt drehen sich in dieser Jahresliste allein vier Veröffentlichungen um das schwarze Gold.

"Plattenkisten" weist einige schöne Fotos von Plattenläden, Cover-Artworks oder aus dem Herstellungsprozess in Presswerken auf, konzentriert sich aber auf die Aussagen und Ansichten von Vinyl-Fans, seien es nun Ladenbetreiber, Käufer oder Prominente wie Thurston Moore oder Hans Nieswandt. Bei aller Liebe zum Sujet wird dankenswerterweise angesprochen, dass kein 14-Jähriger heute in der Lage ist, 40 Euro für die Neuauflage der ersten Mars Volta abzudrücken (Christian Weinrich, This Charming Man Records/Chefeinkäufer Green Hell Records).

Man erfährt Geschichten aus dem seit Jahren von Terroranschlägen heimgesuchten Nigeria, wo in den 70ern noch LSD-Parties mit Lastwagen voller Bier im Mittelpunkt standen, taucht ein ins Deutsche Musikarchiv Leipzig und ist hautnah dabei im Presswerk My 45 im niederbayerischen Tiefenbach, wo Fernsehtechniker Andreas Bauer den Herstellungsprozess erläutert.

Jörn Morisse / Felix Gebhard, "Plattenkisten: Exkursionen in die Vinylkultur", Ventil Verlag, 176 Seiten, 24x24cm, Hardcover, 24 Euro. Wertung: 5/5.

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