Yvonne Kunz - "Jihad Rap"
Zu Hülf! "Jihad Rap" - da schrillen doch sofort alle Alarmglocken. Nach den bösen Gangsterrappern kommen jetzt die noch böseren Islamisten, um die westliche Welt in Schutt und Asche zu bomben. Tatsächlich bedienen sich gerade radikal islamistische Organisationen wie der IS zunehmend der Codes und Verbreitungswege einer Subkultur, die eigentlich für alles steht, gegen das sie zu kämpfen vorgeben. Paradox? Nicht zu knapp.
Die schweizerische Musikjournalistin Yvonne Kunz blickt differenziert auf eine Szene, die gar keine ist. Ihre Abhandlung über "Jihad Rap" oszilliert zwar ein bisschen unentschlossen zwischen Reportage, Interview und wissenschaftlicher Analyse. Vielleicht gestattet sie aber gerade deswegen einen verstörenden Einblick in die wirre Gedankenwelt junger Menschen auf der Suche nach ihrer Identität, nach Zugehörigkeit und Orientierung. Die Anfälligkeit dieser Zielgruppe für jede Menschlichkeit verachtendes Gedankengut darf einen durchaus mit Recht in Angst und Schrecken versetzen.
Statt aber verblendeten Hasspredigern eine Bühne zu bieten, räumt die Autorin Künstlern reichlich Raum ein, die zum Thema tatsächlich Konstruktives beizutragen haben. So kommt ausführlich Aki Nawaz von Fun-da-Mental zu Wort, der sich als muslimischer, britischer Punk-Musiker pakistanischer Abstammung zwischen den Stühlen bestens auskennt. Außerdem die beiden Rapperinnen Muneera und Sukina von Poetic Pilgrimage: Sie haben ebenfalls einen Weg für sich gefunden, ihr afro-karibisches Erbe, ihren Glauben und die Ausdrucksform Hip Hop miteinander zu verbinden.
Blutrünstige Kriegstreiberei und Propaganda, eiskalt kalkulierte Marketingstrategien und Rattenfänger-Gebaren, hohles Phrasendreschen, aber auch kluge Statements für Glaubens-, Rede- und Gedankenfreiheit: All das und noch viel mehr existiert "An den Rändern muslimischer Subkulturen". Um das Thema auch nur annähernd erschöpfend abzuhandeln, reichen knapp 130 Seiten schlicht nicht aus.
Yvonne Kunz, "Jihad Rap - An Den Rändern Muslimischer Subkulturen", Ventil Verlag, 144 Seiten, 12 Euro. Wertung: 3/5.
Noch keine Kommentare