Dusty Springfield - "Cameo"
Die Siebziger waren nicht besonders gut zu der Frau gewesen, die sie einst zur "White Queen of Soul" gekrönt haben. Dusty Springfield strauchelte privat wie beruflich. Nach innen hatte sie mit psychischen Problemen zu kämpfen, nach außen mit der allgegenwärtigen Homophobie, nachdem sie offenbart hatte, sich von Frauen angezogen zu fühlen. Mit Verkaufszahlen im Sinkflug haderte sie zudem mit ihrem Label und dem Management. Nach einigem Hin und Her wechselte sie zu ABC Dunhill Records und gab 1973 dort mit ihrem inzwischen achten Studioalbum "Cameo" ihren Einstand.
Gucken wir doch einfach mal, was dem Kollegen Joe Viglione, der die Platte seinerzeit für All Music unter die Lupe nahm, dazu so alles in den Sinn kam, da steht zu lesen:
- very excellent
- one of the finest efforts
- a masterpiece
- superb
- brilliant
- simply amazing
- top notch
- some of the best, you'll find anywhere
- magical
So ein Begeisterungssturm, garniert noch mit gleich dreimal "wonderful", und obendrein hat die Platte den sonst chronisch mäkeligen Robert Christgau überzeugt? Uiuiui! Das klingt wirklich nach einem Hit, einem Album, das der Karriere wieder Aufschwung verpasst.
Oder?
Äh ... nein. Kommerziell entpuppte sich "Cameo" als veritables Desaster. Die Platte floppte kolossal, und das auf beiden Seiten des Atlantiks. Dusty Springfield nahm zwar noch ein Nachfolgealbum in Angriff, das 1974 hätte erscheinen sollen, zog sich aber schon während dessen Entstehungszeit mehr und mehr zurück. Sieht aus, als wäre es das gewesen, mit der Karriere. Die Sängerin tritt zwar noch hier und da in Erscheinung, gerät jedoch weitgehend in Vergessenheit.
Anzunehmen, dass Neil Tennant und Chris Lowe nicht nur ihr Paradewerk "Dusty In Memphis", sondern auch "Cameo" kannten, als sie sich in den Kopf gesetzt hatten, die Ikone von einst unbedingt für einem Pet Shop Boys-Song wieder ausgraben zu wollen. Irgendwann knickte Dusty unter den ausdauernden Anfragen ein und sagte zu. Sie erschien zu den Aufnahmen für "What Have I Done To Deserve This?" und erkundigte sich: "Was habt ihr euch vorgestellt, wie soll ich klingen?" Tennant hatte darauf nur eine, etwas ratlose Antwort: "Na, wie Dusty Springfield?" "Okay, das krieg' ich hin", beschied ihm die schon etwas angezählte Diva - and she did.
Die in der Folge wieder neu erwachte Aufmerksamkeit hätte sie allein schon für "Cameo" längst verdient gehabt. Als das Album 2002 eine Neuauflage erfährt, ist Dusty Springfield jedoch schon drei Jahre tot, sie erlag 1999 einem Krebsleiden.
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