Lou Reed - "Rock'n'Roll Animal"
"Rock'n'Roll Animal" ist ein Live-Coveralbum. Lou Reed covert Lou Reed. Fraglos hatte sich der New Yorker für sein erstes Livealbum eine besondere Überraschung ausgedacht. Es erschien zwei Monate nach dem aufgezeichneten Auftritt in seiner Heimatstadt am 21. Dezember 1973. Reeds aktuelles Studioalbum "Berlin", das von drogenbedingter Selbstzerstörung und Suizid handelt, liegt seit zwei Monaten tonnenschwer in den Plattenläden. Reed selbst befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Selbstfindung mit Kahlschlagfrisur, Makeup, Rocker-Nietenlook und Drogenkonsum - was liegt also näher als die Idee, Songs der seit ihrer Auflösung plötzlich angesagten Band Velvet Underground in Hardrock-Versionen auf die Bühne zu bringen?
Die Platte mit vier VU-Songs plus "Lady Day" von "Berlin" ächzt unter den Breitwand-Riffs von Steve Hunter und Dick Wagner, die man später auf Alice Coopers "Welcome To My Nightmare" wieder treffen sollte. Damit sollte klar sein, warum speziell Velvet Underground-Fans "Rock'n'Roll Animal" verachten. Erstmals ohne Gitarre on stage, wirft sich Reed auf der Bühne in klischeehafte Rockstar-Posen, die man seinem Kumpel Iggy Pop zwar abnahm, nicht aber dem zynisch-romantischen Straßenpoeten. Das Cover allein spricht Bände und könnte so auch aus der Punk-Ära stammen.
Die Gitarrensoli, exemplarisch in "Sweet Jane" und "Rock'n'Roll", stellen das ästhetisch komplette Gegenteil des bis dato bekannten Reed-Katalogs dar und man darf davon ausgehen, dass ihn genau dies so faszinierte. Niemand sollte danach sagen können, er/sie sei auf "Metal Machine Music" (1975) und "Lulu" (2011) nicht vorbereitet gewesen.
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