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Styx - "Kilroy Was Here"

Styx-Fans werden dieses Album wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit als dasjenige verdammen, nach dem alles zu bröckeln begann. Die Lead-Single "Mr. Roboto" überführte zwar die japanischen Dankesworte "Dōmo arigatō" erfolgreich in die US-amerikanische Popkultur, der Song verbreitete sich obendrein wie rasend. Insgesamt erfüllten die Verkaufszahlen des Albums die hohen kommerziellen Erwartungen aber nicht, und auch eine zugehörige Tour erwies sich als nicht rentabel und endete vorzeitig.

Die ambitionierte Kombination aus Film, Theaterstück und Konzert, die Sänger und Keyboarder Dennis DeYoung für die Live-Shows zum Album im Sinn hatte, mag nicht funktioniert haben. Ganz anderen, bleibenden Eindruck hinterließ allerdings das aufwändige (und ziemlich gruselige) Musikvideo zu "Mr. Roboto", das die 1983 zugegebenermaßen noch übersichtliche Konkurrenz ordentlich in den Schatten stellte. Die Masken der Roboter-Gefängniswärter, die auch das Albumcover zieren, gehen übrigens auf das Konto des mehrfach Oscar-dekorierten Special Effects-Spezialisten Stan Winston, der auch beim Terminator, den Aliens und im Jurassic Park die Finger im Spiel hatte.

So oder so: 1984 trennte sich die Band und fand erst Jahre später wieder zusammen. Ob an alldem tatsächlich "Kilroy Was Here" die Schuld trug, ob sich Styx wirklich über die musikalische Ausrichtung in die Haare bekommen haben, ob das Konzept zu komplex, die Umsetzung zu cheesy geraten, alles schlicht eine Nummer zu groß geplant oder die gemeinsame Zeit für Styx einfach (vorerst) abgelaufen war: Derlei Fragen werden sich vermutlich kaum zufriedenstellend beantworten lassen, sie bleiben Mysterium wie die Identität dieses ominösen Kilroy, der in Form von Graffiti-Kritzeleien US-amerikanischer Soldaten seit den 1940er Jahren von jeder Wand grüßte.

Immerhin wissen wir im vorliegenden Fall Genaueres: Styx tauften den von DeYoung verkörperten Protagonisten ihrer Rock-Oper: Robert Orin Charles Kilroy. Kürzt den mal auf seine Initialen zusammen, und ... huch! Da steht ja ROCK!!! Ja, so subtil geht "Kilroy Was Here" durchgehend zu Werke: Der Antagonist und Superbösewicht heißt Dr. Righteous. Die Organisation, der er vorsteht, Majority for Musical Morality, kurz MMM, hat aus Angst vor seiner gesellschaftlichen Sprengkraft natürlich als allererstes den Rock verboten. Den gilt es nun zu befreien, "Don't Let It End", der Kampf geht weiter: Gut gegen Böse, Kunst gegen Unterdrückung.

Klar ist das alles arschplakativ, klischeehafter ging es wahrscheinlich nur auf "Operation: Mindcrime" zu. Dennoch war ein aktueller Hintergrund gegeben: Styx reagierten mit dieser Story auf die (nicht nur) in den USA immer wieder hochkochenden Bestrebungen religiöser Gruppierungen, diese teuflische Musik einzudämmen, die die Jugend verdirbt, dieses "Heavy Metal Poisoning". Auch Styx mussten sich schon Vorwürfe gefallen lassen, satanische Rückwärtsbotschaften auf ihren Alben unterbebracht zu haben. Auf diesem tun sie es dann wirklich, und auch gar nicht so furchtbar versteckt: "Kilroy Was Here" dreht sich um Fundamentalismus, totalitäre Strukturen, Zensur, Überwachung, Widerstand, technologischen Fortschritt und seine Auswirkungen auf den Menschen, "the problem's plain to see: too much technology", und gerade in Zeiten der aktuellen Diskussion um KI fragt man sich vielleicht weniger, wer denn nun dieser Kilroy gewesen sein mag, sondern eher: "Haven't We Been Here Before"?

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Best of 1983 40 Jahre, 40 Alben

Völlig losgelöst im Sonderzug Gusseisen-Elektro, ein Hardröckchen, 99 Luftballons, Radiojingle-Punk und das Album finden, das "Thriller" entthront hat? Ja!

2 Kommentare mit 2 Antworten