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Anycia

Man könnte glatt den Eindruck gewinnen, in Atlanta hätten sie irgendetwas im Trinkwasser. Latto ist beileibe nicht die einzige interessante Rapperin, der man beim Streifzug durch die dortige Szene begegnet, und weil Konkurrenz das Geschäft belebt, bringt sie die ihre gleich selbst mit: Anycia heißt die Kollegin, der Latto auf "Back Outside" den Rücken freihält und, Hölle! Was war das gleich für ein erster Eindruck?

Jedenfalls einer, der unmittelbar die Neider auf den Plan rief: Es heißt, Anycia habe ihren rasanten Popularitätszugewinn einzig und allein irgendwelchen Seilschaften in die Musikindustrie zu verdanken. Ob das stimmt? Keine Ahnung, aber selbst wenn: Beziehungen haben vielleicht dabei geholfen, Features mit Waka Flocka Flame, J.I.D, Tierra Whack oder eben mit Latto einzutüten. Vielleicht haben sie Anycia sogar tatsächlich den Support-Slot auf der Tour ihres Kollegen Veeze verschafft. Schon deutlich unwahrscheinlicher erscheint, dass sich J. Cole nur aufgrund von Vetternwirtschaft dazu hinreißen ließ, sich öffentlich als Fan zu outen.

"I love your voice", erklärte der. Kein Wunder: Ihre Stimme ist Anycias größtes Kapital, und das kann ihr kein Verwandter zugeschanzt haben, egal, wie gut vernetzt in der Branche er auch sein mag. Obendrein weiß sie, wie sie ihr Talent einzusetzen hat: Die Kombination aus ungewöhnlich tiefer Tonlage und lakonisch-ungerührter Delivery entfaltet einen Vibe, auf dem Anycia widerstandslos erst ins Ohr, und von da direkt zum Hirnstamm gleitet, um sich dort unwiderruflich festzukrallen. Klar, dass sie ihr Alleinstellungsmerkmal in Ehren hält. Kein Autotune, keine Stimmeffekte, verspricht sie, nur pure Authentizität: "Wenn du du selbst bist, kann dir niemand was."

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