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Jungsumkleiden-Core

Mich interessiert gerade eher meine zweite Zuschreibung:

Rap für die Jungs-Umkleide

Hank ist Jungsumkleiden-Core des Todes. Mehr als dass seine Musik sexistisch wäre, finde ich faszinierend, wie isoliert männlich sein musikalischer Zirkel ist. Er hatte diese "Alle außer mir sind dumm"-Attitüde, die immer wieder Hand in Hand mit einer "Warum reden Mädchen nicht mit mir"-Verwunderung geht. Letzteres findet sich übrigens auch extrem stark in "Täter-Opfer-Ausgleich" von JAW, und in meinem größten Hot Take dieser Kolumne sage ich: Vieles daran ist irgendwie sehr Proto-Incel.

Diese Darstellung von ausgestoßenen jungen Männern etwa, die zynisch und von außerhalb die Menschen analysieren, damit aber eigentlich nur andere hohle, gutaussehende, nicht-depressive Sportler-Typen meinen. Frauen tauchen da immer zwei Lines weiter auf, als ganz andere Kategorie, weil sie ja zu dumm seien, ihren Tiefgang zu schnallen.

Wie gesagt, ich will kein supergroßes Fass aufmachen, aber wenn mir an dieser Ära Deutschrap etwas sexistisch vorkommt, dann sind es weniger die endlosen kranken Sexfantasien oder die Bitches hier, Bitches da, sondern eher die inhärente Unfähigkeit, Frauen überhaupt als Menschen wahrzunehmen, die am eigenen Außenseitertum teilnehmen könnten.

Dorf-Rap und Internet-Memes für extrem kantige Teens

Hollywood Hank ist, soweit meine letzte Beobachtung, der Prototyp für ein sehr deutsches Phänomen: den Internet-MC fernab der Stadt. Er wurde im Prenzlauer Berg geboren, zog aber mit 14 Jahren in ein ostdeutsches Kaff. Ironischerweise hat er Rap dort kennengelernt, nicht in Deutschlands Hip Hop-Hauptstadt, und seine musikalische Sozialisierung und Vernetzung fand vorrangig online statt.

Diese Prävalenz von digitaler Hip Hop-Kultur war im Deutschrap schon immer eine Mutationsmaschine, die das Realness-Dogma extrem verändert hat. In einem Forum konnte jeder ein bisschen variieren, was für eine Person man sein wollte. RBA, MZEE, rappers.in, all das waren nicht nur Nischen, in denen zehntausend weiße Teenager mit ODB-Profilbild mit dem N-Wort um sich schmeißen konnten. Es war auch eine Szene-Erfindung jenseits der lästigen Grenzen realer Orte und realer Körper. Es hat einen Grund, dass Deutschland, wahrscheinlich das Land mit der digitalsten Rapkultur, in dieser Zeit ein gigantisches Aufgebot an Image- und Masken-Rappern hervorgebracht hat, die ganz eigenen Regeln bezüglich Technik und schwarzem Humor gefolgt sind.

In den letzten Jahren orientierte sich die Szene endlich davon weg und gehorchte oft einem Impuls, diese Aspekte deutscher Rapgeschichte einfach aus der Hip Hop-Kultur wegzuexkludieren. Aber ich halte dagegen: Wir haben es hier mit einer der ureigensten deutschen Hip Hop-Interpretationen zu tun, die wir hervorgebracht haben, und Hank war definitiv Patient Null des Ganzen.

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4 Kommentare mit 4 Antworten

  • Vor 11 Monaten

    Ich finde es komisch, dass so zu schreiben, aber ich habe mich tatsächlich auf diese Doubletime Ausgabe gefreut, weil ich gehofft habe, dass Yannick das zum Anlass nimmt, sich mit dem Phänomen Hollywood Hank zu befassen.

    Die ganze Welle, die hier beschrieben wird, war für mich neben Punk die vielleicht prägendste Jugendkultur überhaupt. Und auf den Slides gibt es einige kluge Gedanken zu dieser Zeit, aber auch ein paar Sachen die ich relativieren würde. Ich fände es auch sehr spannend mal in einer Liste zu lesen, was aus dem ganzen Jungskabinenrap der Nullerjahre geworden ist. Zwischen Millionär, Psychose und beidem gab es da ja einige Endhaltestellen.

    Die so genannte Edgyness ist für mich eine Reaktion auf die 90er, als diese Art von Humor, Gewalt und/oder Übertreibung zum ersten Mal feullitonistisch anerkannt und Mainstream genug für deutsceh Kinderzimmer wurden (Tarantino, Fight Club, etc.).
    In der darauffolgenden Dekade hat man dann die Generation X Unterfütterung weggelassen und ein Überbietungseffekt setze ein, bevor sich in den Zehnern dann die Gegenbewegung dazu formiert hat. War ja bei Filmen genauso (Tarantino Klone, Hostel, jede Serie in der der Protagonist irgendwie deviant sein musste). Dazu kamen das erwähnte Southpark, rotten.to und Eltern, die man mit Punk nicht mehr schocken konnte. Vieles was Hank gebracht hat, haben Eminem und Savas ja auch schon ausprobiert. Der hat halt die Comedy Ebene weggelassen und war als Soziopath so spröde, dass man ihn anders rezipiert hat als Fave oder JAW, dem man aufgrund seiner Depressionstorys gleich Deepness angedichtet hat.

    Auch das Proto-Inceltum finde ich eine gute Beobachtung. Hier im alten Laut-Forum gab es seinerzeit unironische Zustimmung zu dieser "Bitches sind mir unbegreiflich Line" auf Maulfotze. Ich sehe das auch total bei Jotta, dessen Täter Opfer Ausgleich vielleicht das Album meiner Teenagerzeit war (ich hab halt zum Ausgleich noch Gilmore Girls gekuckt). Allerdings würde ich sagen, dass das auf so viel mehr (Sub-)Genres zutrifft: Bei Bushido und all seinen Epigionen gab es Frauen ja auch nur als den potenziellen Engel unter tausend Schlampen, der ja nicht allein feiern gehen sollte und ganz viel von diesem Sadboy Indie ist halt JAW ohne Schimpfwörter.
    Man musste damals für Subkultur die den Bechdel-Text besteht schon sehr lange suchen.

    Sorry für den Wortschwall. Ich höre jetzt weiter Schläge für Hip Hop. Denn "in meinem privaten Leben lauf ich mit Piratensäbel rum. Meine Homies meinen, dass ich so niemals n Mädel bumms".

    RIP
    Hank

  • Vor 11 Monaten

    … Wie gesagt, ich will kein supergroßes Fass aufmachen …

    Mission failed

  • Vor 11 Monaten

    Naja, im Sinne von "soll keine Anklage sein" wird das doch gemeint sein.

    Für das Fass (dem Umfang nach) danke und Props auch von mir an diesenyannik und hrvori. Viele interessante Ansäze dabei, bei einigen hätte ich auch Bock auf ne Diskussion. Das spare ich mir aber lieber für den Meilenstein auf (ist dem Vernehmen nach dann ja bald soweit). Einmal, weil es für mich sowieso hauptsächlich auf eine Auseinandersetzung mit bzw. anhand von Soziopath hinausläuft - theoretisch gut nachvollziehbarer Gedankengang mit Bak Ta Ehli, aber in der Praxis ist das für mich leider auch aus unspektakuläreren Gründen als überbordender Emotionalität heraus unhörbar und den mildwarmen Take, dass Schläge für Hip Hop abgesehen von ein paar ganz hübschen Flowpassagen eigentlich kein besonders gutes Release war, lasse ich euch noch da - und zum anderen, weil ich mich manchmal ärgere, wenn ich anderweitig irgendwie wieder über ein hier schon vor Jahren besprochenes Thema nachdenke und dann aber den jeweiligen Faden mit unserem Verzapften nicht mehr finden kann.

    Wenns passt, greif ich dann vll. was von hier per Querverweis auf.

  • Vor 11 Monaten

    Absolut katastrophal ekelhaft geschriebener Nachruf. Für die Tonne, das ganze Ding ab Seite 1. Kann wirklich absolut gar nix damit anfangen, komplett verkackt. Was isn passiert?

    Vielleicht irgendwann mal anfangen, aus eurem 2012er-Hipster-Kopfgefängnis auszubrechen und euch Musik mal wirklich ANZUHÖREN, statt immer nur den größten gesellschaftlichen-Kontext-Analyse-Penis haben zu müssen.

    Was zum Fick.