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Doppelseufz

Wenn wir gerade schon politisch werden: Auch im internationalen Sektor kommen wir diese Woche nicht um Reaktionen auf den Nahostkonflikt herum. Für besondere Schlagzeilen sorgte diese Woche Mykki Blanco. Als Reaktion auf ein Konzert in Berlin im Rahmen des Pitchfork Music Festivals veröffentlichte die Taz einen Artikel, in dem die Autorin Blanco stark für die Unterstützung Palästinas angeht.

So habe Blanco mehrmals im Laufe des Abends betont, sich zu dem Konflikt äußern zu wollen, aber sich zurückhalten müsse, da they für deren Position in Deutschland rechtlich belangt werden könne und they keine Lust habe, die Nacht in einer Zelle zu verbringen. Direkte Zitate lauten etwa: "Ich will so vieles sagen. Aber ich kann nicht, schließlich trete ich in Deutschland auf. Das Gesetz hier verbietet mir, zu sagen, was ich sagen will."

Auf Social Media kritisert Blanco seit Beginn des Konflikts Israel sehr stark und verwehrte sich bisher einer expliziten Verurteilung für die Taten von Hamas. So schreibt they etwa: "Zu sagen 'Ich verurteile die Hamas' wäre, wie für eine Kugel zu bezahlen, mit der die Vereinigten Staaten, Großbritannien, die EU und Israel eine Waffe laden können, um diesen Völkermord zu rechtfertigen."

Sowohl der Vorfall an sich als auch der Artikel sprechen erneut Bände darüber, wie toxisch und unproduktiv dieser gesamte Diskurs mittlerweile geraten ist. Ja, was Blanco auf Social Media teilte, ist ekelhaft und gehört angeprangert. Man kann die äußeren Umstände, die zur Entstehung der Autorität der Hamas geführt haben, benennen und anerkennen, ohne davor zurückzuschrecken, sie als die mörderischen Menschenfeinde zu bezeichnen, die sie erwiesenermaßen sind. Tut man das nicht, realativiert man unweigerlich das Massaker vom 7. Oktober.

Aber auch wie Autorin Stephanie Grimm Blancos Auftritt als den einer antisemitischen Hetzerin darstellt, geht zu weit. An einer Stelle unterstellt sie Blanco sogar, they wolle, das man Israel von der Landkarte tilge, was in Anbetracht von Blancos jüdischer Abstammung und den Worten, die they während dieses Konzerts tatsächlich in den Mund nahm, gänzlich über die Stränge und unter die Gürtellinie schlägt. Anstelle davon zu berichten, was vor Ort gesagt wurde, spinnt Grimm ein per selektive Auswahl von Social Media-Posts vorab zurechtgelegtes Narrativ, das gekonnt ignoiert, dass Blanco an anderer Stelle ebenso Trauer für die Opfer des 7. Oktobers ausgesprochen hatte.

Blanco selbst äußerte sich auf Instagram zu dem Artikel: "Dieser Artikel ist reine Verleumdung. Ich habe keine 'Hassrede' angestiftet und ich habe dem Publikum NIE gesagt, dass ich 'Israel hasse' oder dass sie das auch tun sollten. Ich habe der Menge immer wieder gesagt: 'Wenn sie es leid sind, sich machtlos zu fühlen, ist es jetzt an der Zeit, etwas anderes zu fühlen'. Ich achtete darauf, dass ich nie ausdrücklich 'Free Palestine' sagte, sondern dass 'wir für Gaza beten müssen'. Ich habe bedeutungsvolle, ABER beschönigte Plattitüden angeboten, weil ich es nicht nötig hatte, eine Nummer abzuziehen, die mich in Deutschland ins Gefängnis gebracht hätte. Das wäre nicht sinnvoll gewesen."

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