Sachen gibbet
Wisst ihr, was acht Stunden nach Hamburg hin und her fahren mit jemandem machen? Man hört sich Podcasts an. Das ist für mich eigentlich ja ein relatives Novum, weil ich normalerweise echt selten die Zeit für zwei Stunden unstrukturiertes Gelaber habe. Aber das Thema des diesmaligen Backspin-Stammtisches klang eigentlich ziemlich interessant:
Im Grunde gingen hier zwei Positionen gegeneinander: Nico von Backspin argumentierte dafür, dass trotz aller Spaltung der Szene immernoch ein grundlegendes einendes Element durch die Hip Hop-Kultur zieht. Er verbildlicht das anhand eines Baumes, der sich zwar in seinen Ästen sonstwo hin ranken kann, aber doch immer auf die gleichen Wurzeln zurückgehen wird. Juse hält dagegen, dass in seiner Erfahrung Rapper inzwischen in so verschiedenen Sphären existieren, dass man kaum noch einen gemeinsamen Nenner kennt und auch aktiv keinen Austausch oder keine Community zwischen diesen Schichten erleben kann.
Die beiden rasseln sehr aneinander in ihren Versuchen, den Begriff "Szene" auszuloten, dabei merken sie nicht, dass sie im Grunde beide recht haben. Natürlich sind alle aktuell exstierenden Rap-Sparten auf einen gemeinsamen Vorfahren zurückzuführen. Du kannst sagen, dass es von Gzuz über Aggro Berlin über Bassbox bis hin zu amerikanischen Gründervätern geht, genauso kannst du den Weg von LGoony über Lil Uzi Vert über Chief Keef über 50 Cent über Dr. Dre bis auf N.W.Azurückgehen. All diese Artists haben Hip Hop in ihrer DNA, genau wie Mensch und Banane auch einen großen Prozentsatz DNA teilen.
Die Frage ist jetzt nun nicht, ob man die Musiker irgendwo dem kulturellen Stammbaum Hip Hop-Kultur zuordnen kann und ihnen deswegen eine metaphysische Szene-Zugehörigkeit attestieren kann, sondern für Juse ganz pragmatisch, ob er sich als Teil einer aktiven Szene in Deutschland erlebt. Und da bin ich ganz bei ihm - nein, natürlich nicht. Selbst in Oldschool-Kreisen agiert ein Haze oder ein Afrob auf einer ganz anderen Wellenlänge als eine Sookee oder ein DLTLLY-Kosmos es tun. Noch krasser wird es dann, wenn man versucht, den Kreis bis zu 187, Shindy oder Yung Hurn zu spannen. Sie alle gehören zu einer kulturellen Erbfolge, aber nicht zu einer aktiven, kommunizierenden Szene. Für einen Juse, der sich zur Zeit fragt, wie er aktiv zum deutschen Rap korrespondiert, ist da natürlich die Antwort der Distanzierung naheliegend. Warum sich als Sprecher benutzen lassen oder Verantwortung übernehmen für Jungs und Mädels, die man nicht kennt oder deren Philosophie oder Musik nichts mit der eigenen zu tun hat?
1 Kommentar mit 3 Antworten
Eine Hiphop-Szene gibt es in Deutschland nur noch bei Breakern und Writern, bei ersteren, weil sie ihre Kunst abseits der breiten Medienöffentlichkeit ausüben, bei letzteren, weil sie traditionell schweigsam sein und unter sich bleiben müssen.
Deutscher Rap war schon von Anfang an so in Camps zersiebt, dass man nie wirklich von einer "Szene" sprechen kann, das konnte man noch nicht mal Ende der 90er. Was alle gemeinsam hatten, war nur, dass man Rap gemacht hat.
Joa. Es war aber schon ein Respekt füreinander da, der nur nicht zugegeben wurde, weil man seine (selbst gezüchtete) engstirnige Klientel nicht verprellen wollte. So hat Savas zb Jahre später retrospektiv sehr positiv über Dende oder Blumentopf gesprochen, als er die nötige Reife dafür hatte.
Wer jetzt grinst: "Engstirnig"? Joa, ertappt, bin ich halt bei Kackmusik, zugegeben
Chriswi my man! Wann treffen wir uns eigentlich mal, hm?
An dem Tag, an dem du deine Fake Homiene triffst, die dir immer Tittenbilder schickt